Bücher: Weckruf für Lesemuffel
„Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder, als ein Buch“, fabulierte die amerikanische Dichterin Emily Dikinson bereits im 19. Jahrhundert. Wie recht sie doch hatte und so hat sich TOYS-Redakteurin Nadja Finkenzeller mit ihrer Tochter auf eine Mission in den stationären Buchhandel begeben. Ein Beitrag aus ihrem realen Leben.
„Kind, nimm‘ mal wieder ein Buch in die Hand!“ Habe ich diesen angestaubten Spruch gerade tatsächlich meiner 14-jährigen Tochter an den Kopf geworfen? Während ich noch in leere Augen blicke, reißt sie sich zwei EarPods aus den Ohren und mir wird klar, dass sie mich akustisch gar nicht verstanden hat. Ich nutze die Chance und blättere gedanklich nochmals zurück zu Kapitel Eins selbst angewandter literarischer Früh- beziehungsweise Späterziehung. Ihre Leselust wecke ich garantiert nicht mit kritischem Unterton. Und so sitze ich nun am Bettrand eines pubertierenden Faultiers, das eigentlich zu der Spezies gehört, die man gemeinhin als Leseratte bezeichnet. Warum sie sich in letzter Zeit auf Abwege begeben hat und quasi in den Leerrohren außerhalb jeglicher Literatur-Zufuhr festhängt? Keine Ahnung … aber ich habe jetzt eine Mission: Ich werde meine Tochter wieder fürs Lesen begeistern und wende dafür einen kleinen Trick an, dem meine kleine Shopping-Queen nicht widerstehen kann.
Schon am nächsten Tag schlendern wir bei einem schon lange herbeigesehnten Einkaufsbummel durch unser Städtle und kommen – wie der Zufall es so will – auch am ortsansässigen Buchhändler vorbei. Natürlich haben wir Zeit für einen Zwischenstopp und betreten die „heiligen Hallen“. Der einzigartige Duft druckfrischer Bücher erreicht unsere Nasenhöhlen. Sofort wird unser Entdeckergeist geweckt und wir „hangeln“ uns von Bücherregal zu Bücherregal. Ich fühle mich in meiner Meinung bestätigt, dass nichts, aber auch gar nichts, die Leselust so sehr wecken kann, wie ein Besuch in einer Buchhandlung. Wir kommen schnell ins Gespräch mit der Buchhändlerin, die uns äußerst ambitioniert neue Titel empfiehlt, welche sie selbst schon im Eiltempo verschlungen hat. Man spürt ihre Begeisterung in jeder Silbe und auch meine Tochter hat sich aufgrund der tieferen Einblicke durch die Expertin schnell einen neuen Roman als Bettlektüre ausgesucht. Ich, die eigentlich nur mal so schauen wollte, gebe meinen Favoriten ebenfalls nicht mehr aus der Hand.
Ja, so ist das, wenn man eine Buchhandlung betritt. Es ist wie ein ereignisreicher Besuch bei guten Freunden oder Verwandten. Hier werden Geschichten erzählt und Geschichten verkauft. Und nicht nur eingefleischte Bücherwürmer lassen sich von der besonderen Aura, die Bücher umgeben, in ihren Bann ziehen. Als meine Tochter und ich die Buchhandlung mit unseren neuen Errungenschaften verlassen, lächeln wir beide. Voller Vorfreude auf spannende Lesestunden blicken wir einer wertvollen Me-Time entgegen.
Bitte nicht stören! Am Abend baumelt ein Schild mit selbigem Schriftzug an der Zimmertür meiner Tochter. Als ich sie im Bett sitzen sehe, vertieft in ihr neues Buch, denke ich mir insgeheim: Kind zufrieden, Mama zufrieden, Mission gelungen!