Bücher: Auf dem Weg in die Zukunft
Auch in diesem Jahr steht Kinder- und Jugendliteratur im Fokus der Frankfurter Buchmesse, die vom 16. bis 20. Oktober stattfindet. Unter dem Motto „Paving the Way for the Future: Responsibility in Children’s Book Publishing“ werden sich Expertinnen und Experten im Rahmen der Frankfurt Kids Conference am 16. Oktober damit beschäftigen, welche Verantwortung das Publizieren von Büchern an Kinder und Jugendliche mit sich bringt. Riky Stock, U.S. Repräsentantin der Frankfurter Buchmesse für Business Development erläutert im Interview mit Astrid Specht, wie man dieser Verantwortung gerecht werden kann und muss.
Frau Stock, bei der diesjährigen Frankfurt Kids Conference dreht sich alles um die Verantwortung, die Kinder- und Jugendbuchautorinnen und -autoren gegenüber ihrer jungen Leserschaft haben. Was genau ist damit gemeint und weshalb haben Sie sich ausgerechnet für dieses Fokusthema entschieden?
Der Schwerpunkt unserer Konferenz liegt auf dem Thema „Verantwortung“, die mit der Veröffentlichung von Büchern für Kinder und Jugendliche verbunden ist. Ausgelöst wurde es von dem, was Cornelia Funke in der Zeit beziehungsweise im Spiegel sagte „Haben wir zu selten von Helden erzählt, die eine andere Sprache sprechen, anders aussehen, andere Dinge glauben als wir?“ Wir müssen dafür sorgen, dass Bücher Kinder erreichen und dass Kinder sich in Büchern wiederfinden, dass ihre Geschichten erzählt werden. Es ist unsere Verantwortung, Kindern aufzuzeigen, dass wir alle anders und vielfältig sind und dass anders und vielfältig bereichernd ist, dass sich dahinter Menschen und Geschichten verbergen, dass man nicht nur miteinander leben, sondern auch voneinander lernen kann.
Und Verantwortung zu haben ist nicht immer ein leichter Job. Es ist eine Herausforderung, Kinder in Kriegsgebieten mit Büchern zu erreichen. Wir freuen uns daher sehr, dass wir Ivan Fedechko vom ukrainischen Verlag The Old Lion Publishing House, Daniela Filthaut, Verlegerin des Gerstenbergs Verlags, Karine Pansa, Präsidentin der International Publishers Association sowie weitere renommierte Expertinnen und Experten, die uns Einblicke in die Schwierigkeiten und Herausforderungen ihrer Arbeit gewähren, für unsere drei Panelveranstaltungen gewinnen konnten. Es war uns ein Anliegen, diesem wichtigen Themenkomplex eine Plattform, einen Raum zu geben. Wir haben alle viele Termine auf der Messe, aber ich denke, dass man sich auch mal die Zeit nehmen muss, über Verantwortung zu sprechen, sich auszutauschen und darüber nachzudenken, wie man die Werte, die einem wichtig sind, besser transportieren kann.
Apropos Vielfalt: In den USA, aber auch in UK, Australien und Brasilien (und natürlich auch in Russland, Ungarn und anderen Ländern) landen immer mehr Bücher auf dem Index. Was für Bücher sind das und was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Dahinter stehen Anhänger der extremen Rechten, die es erfolgreich geschafft haben, Bücher mit sexuellen und LGBTQ-Inhalten aber auch Bücher, in denen es um Rassenprobleme geht, aus Klassenzimmern und Schulbibliotheken zu entfernen. In den USA betrifft das zum Beispiel auch Klassiker und preisgekrönte Bücher wie „The Bluest Eye“ von Toni Morrison, „The Absolutely True Diary of a Part-Time Indian“ von Sherman Alexie oder „Out of Darkness“ von Ashley Hope Perez. Unser Moderator, Autor und Übersetzer Lawrence Schimel erhielt sogar Morddrohungen für eines seiner Bücher, das in Ungarn und Russland verboten ist. Ein Glück gibt es Menschen und Verlage, die sich für Lesefreiheit einsetzen. So haben sich gerade in einer der wohl folgenreichsten Klagen in den USA sechs große Verlage, die Authors Guild, und mehrere Bestsellerautorinnen mit Schülerinnen und Eltern in Florida zusammengetan, um eine Klage gegen ein Buchverbotsgesetz einzureichen. Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Büchern zu gewährleisten, ist ein großes und wichtiges Thema, und mit genau dieser Verantwortung befassen sich unsere internationalen Expertinnen und Experten auf der diesjährigen Frankfurt Kids Conference. Besonders gespannt bin ich auf den Beitrag von Dominique Raccah, Verlegerin des U.S. amerikanischen Verlags Sourcebooks, die aktiv gegen Book Bans in den USA vorgeht und viel zu diesem Thema zu sagen hat.
Weshalb ist die Veranstaltung auch für Teilnehmende beispielsweise aus der Spielwaren- oder Lizenzbranche spannend?
Was können wir tun, um Respekt und gegenseitiges Verständnis zu fördern? Wie können wir barrierefreier und nachhaltiger werden? Das sind Fragen, die wir alle diskutieren müssen, nicht nur Ken Wilson-Max, Publisher von Kumusha Books, Carolina Ballester vom International Board on Books for Young People (IBBY) und die anderen Panel-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Wir wollen auf der Konferenz auch das Miteinander und den Austausch in den Mittelpunkt stellen. So organisieren wir am Ende der Konferenz eine moderierte Breakout-Session mit Sprechern wie Rachel Martin, Global Director Sustainability von Elsevier, Loulou Drinkwaard und D‘Avellonne van Dijk von Uitgeverij Wilde Haren zu den Themen Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit, POC und Creators‘ Responsibility („schöpferische Verantwortung“), die die Möglichkeit bietet, miteinander in den Austausch zu gehen.
Was Inhalte betrifft, scheint sich die Buchbranche ihrer Verantwortung gegenüber ihrer Leserschaft bewusst zu sein. Wie können Unternehmen aus der Spielwaren- und Lizenzbranche Ihrer Meinung nach Verantwortung zeigen?
Ja, die Antwort auf die Fragen wie Unternehmen aus der Spielwaren- und Lizenzbranche Kindern den Weg für die Zukunft ebnen und Verantwortung zeigen können, interessiert mich auch. Licensing International hat ein Diversity & Inclusion Committee und ist sehr aktiv in diesem Bereich. Auch Nachhaltigkeit wird rege diskutiert. Es gibt zahlreiche Gesetze und Regulierungen, die die Rahmenbedingen vorgeben, aber vieles geht auch vom Unternehmen direkt aus. Nachhaltigkeit ist nicht nur aufgrund des European Deforestation Regulation Act ein hochaktuelles Thema. In den verschiedenen Branchen wie zum Beispiel im Spielwaren- oder Modebereich wird nach nachhaltigeren Alternativen gesucht und ich hoffe, dass die Branchen sich auf der Buchmesse austauschen und voneinander lernen.
Frankfurt Kids Conference
Die Frankfurt Kids Conference am 16. Oktober thematisiert den Einfluss, den Kinderbücher auf junge Leserinnen und Leser auf der ganzen Welt haben. Keynote-Speakerin der englischsprachigen Fachkonferenz ist die Besteseller-Autorin Cornelia Funke.
Zum Programm:
In der Podiumsdiskussion „Peace is our responsibility – Sharing the values in children‘s book publishing that make a difference“ diskutieren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Bedeutung von Werten und Vielfalt in Kinderbüchern für die Schaffung einer integrativeren und friedlicheren Welt.
Das Panel „Books without Barriers: Accessibility in Publishing“ fragt, wie alle Kinder – unter welchen Umständen auch immer – sicher Zugang zu Büchern haben.
Das letzte Panel „Responsibility in Children’s Book Publishing: What does that entail?“ beschäftigt sich mit der Verantwortung von Verlagen in allen Prozessen der Kinderbuch-Produktion: vom Verlagsprogramm über die PR-Arbeit bis zur Übersetzung.
Im Anschluss an die Podiumsdiskussionen findet eine Networking-Veranstaltung mit Thementischen statt. Der Erlös der Veranstaltung geht an Doctors Without Borders.