Brennpunkt: Neue Wege gehen

28. März 2025, 15:46

Die Spielwarenbranche wandelt sich spürbar – ein Prozess, der durch die Corona-Pandemie erheblich beschleunigt worden ist. Wo früher der klassische Fachhandel dominierte, gewinnen heute alternative Vertriebswege wie der Lebensmitteleinzelhandel (LEH), Non-Food Discounter, Online-Anbieter, der Buchhandel und Drogeriemärkte immer mehr an Bedeutung. Doch warum hat sich das Kaufverhalten so stark verändert? Welche Faktoren treiben diese Entwicklung voran und welche Bedeutung hat der Fachhandel noch? TOYS hat nachgefragt und Antworten von unterschiedlichsten Branchen-Akteuren erhalten.

Die Vertriebslandschaft für Spielwaren hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Während der klassische Fachhandel lange Zeit die erste Anlaufstelle für den Kauf von Spielwaren war, haben sich spätestens seit der Corona-Pandemie alternative Vertriebskanäle etabliert. Der Lebensmittel-Einzelhandel (LEH), Non-Food-Discounter, der Online-Handel, der Buchhandel und sogar Drogeriemärkte spielen heute eine immer größere Rolle im Verkauf von Spielzeug. Doch welche Faktoren haben diese Entwicklung vorangetrieben, und welche Auswirkungen hat sie auf die Branche?

Die Pandemie als Beschleuniger des Wandels
Die Corona-Pandemie hat als Katalysator für viele strukturelle Veränderungen in der Handelslandschaft insgesamt gewirkt und ganz besonder auch im Spielwarenmarkt. Während des Lockdowns waren viele Fachgeschäfte wochenlang geschlossen oder konnten nur eingeschränkt öffnen. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Spielwaren erheblich, da Familien mehr Zeit zu Hause verbrachten und nach Beschäftigungsmöglichkeiten für ihre Kinder suchten. Dies führte dazu, dass Verbraucher nach alternativen Einkaufsmöglichkeiten suchten und verstärkt auf andere Vertriebswege auswichen.
Der Online-Handel profitierte am stärksten von dieser Entwicklung: Kunden entdeckten die Bequemlichkeit des digitalen Einkaufs und nutzten verstärkt Plattformen wie Amazon, spezialisierte Spielwaren-Webshops oder die Online-Shops großer Einzelhandelsketten. Gleichzeitig erlebte der stationäre Lebensmittelhandel einen Boom, da er als systemrelevante Branche durchgängig geöffnet blieb und Verbraucher dort nicht nur Lebensmittel, sondern auch Spielwaren kauften.

Lebensmittel-Einzelhandel: Spielwaren im Einkaufswagen
Der LEH hat sich in den vergangenen Jahren als wichtiger Vertriebskanal für Spielwaren etabliert. Supermärkte und Discounter bieten in regelmäßigen Aktionszeiträumen Spielwaren an – insbesondere in der Vorweihnachtszeit und zu saisonalen Anlässen wie Ostern oder dem Schulstart. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kunden können Spielzeug bequem beim Wocheneinkauf mitnehmen, ohne ein zusätzliches Geschäft aufsuchen zu müssen. Für die Händler bedeutet das zusätzliche Impulskäufe und eine Erhöhung des durchschnittlichen Warenkorbwerts.
Besonders erfolgreich sind hierbei bekannte Markenprodukte zu attraktiven Preisen, aber auch Eigenmarken und exklusive Kooperationen mit Herstellern. Da die Regallaufzeiten im LEH begrenzt sind, setzen die Händler auf Bestseller, die eine hohe Abverkaufswahrscheinlichkeit haben und weniger auf individuelle und ausgewählt schöne Produkte.

Non-Food-Discounter: Preis-Leistung im Fokus
Auch Non-Food-Discounter wie Tedi, Action oder Woolworth haben das Spielwarensegment für sich entdeckt. Sie bieten Spielzeug zu besonders günstigen Preisen an und sprechen damit preissensitive Kunden an. Da viele Verbraucher verstärkt auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten, können diese Händler mit einem attraktiven Angebot punkten.
Die Produktpalette reicht von klassischen Brettspielen und Puppen bis hin zu kreativen Bastelsets und Outdoor-Spielzeug. Durch ihre hohe Filialdichte und regelmäßige Sortimentswechsel sorgen sie für eine stetige Nachfrage und erreichen eine breite Käuferschicht, die oft nicht gezielt nach Spielwaren sucht, aber durch die günstigen Preise zum Kauf animiert wird.

Online-Handel: Bequemlichkeit und Vielfalt als Erfolgsfaktoren
Der Online-Handel hat sich längst als fester Bestandteil des Spielwarenmarktes etabliert. Plattformen bieten eine immense Auswahl an Produkten und ermöglichen es den Verbrauchern, gezielt nach speziellen Artikeln zu suchen, Preise zu vergleichen und Kundenbewertungen zu lesen.
Besonders in Zeiten der Pandemie wurde der Online-Kauf für viele Familien zur bevorzugten Einkaufsoption. Die Möglichkeit, rund um die Uhr einkaufen zu können und sich die Ware bequem nach Hause liefern zu lassen, überzeugt viele Kunden nachhaltig. Zudem nutzen immer mehr Hersteller eigene Online-Shops, um ihre Marken direkt an die Endverbraucher zu verkaufen und so unabhängiger vom stationären Handel zu werden.
Auch Social Media und Influencer-Marketing spielen eine immer wichtigere Rolle im digitalen Vertrieb: Über Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube werden Spielwaren beworben und direkt über Links oder eigene Shops auf diesen Plattformen verkauft.

Buchhandel: Spielwaren als Ergänzung zum Sortiment
Ein weiterer, zunehmend wichtiger Vertriebskanal für Spielwaren ist der Buchhandel. Große Ketten wie Thalia oder Hugendubel haben ihr Angebot erweitert und bieten neben Büchern auch Puzzles, Lernspiele und hochwertige Kinderspielzeuge an. Dies ergänzt das klassische Buchsortiment perfekt, da Eltern oft auf der Suche nach sinnvollen, pädagogisch wertvollen Produkten für ihre Kinder sind.
Besonders erfolgreiche Produkte in diesem Segment sind beispielsweise Lizenzspielwaren, die zu beliebten Kinderbuchreihen passen, sowie hochwertige Holzspielzeuge oder kreative Bastelsets. Der Vorteil des Buchhandels liegt in der kompetenten Beratung und der gezielten Platzierung von Spielwaren als Mehrwertprodukt für Familien.

Drogeriemärkte: Spielwaren als Impulskauf
Auch Drogeriemärkte wie Müller, dm oder Rossmann haben sich zu relevanten Anbietern von Spielwaren entwickelt. Ursprünglich beschränkte sich das Spielwarensortiment hier auf kleine Mitnahmeartikel wie Bade- oder Babyspielzeug. Doch mittlerweile haben Drogeriemärkte ihr Angebot stark ausgeweitet und bieten regelmäßig wechselnde Spielwarenkollektionen an – von Markenprodukten bis hin zu Eigenmarken.
Besonders in der Vorweihnachtszeit, aber auch zu anderen saisonalen Anlässen, nutzen Kunden die Gelegenheit, Spielwaren beim Einkauf von Drogerieartikeln mitzunehmen. Da viele Eltern regelmäßig Drogeriemärkte für Windeln, Babynahrung und Pflegeprodukte besuchen, liegt es nahe, dass sie dort auch nach geeignetem Spielzeug für ihre Kinder greifen. Durch gezielte Kooperationen mit bekannten Spielwarenherstellern gelingt es den Drogeriemärkten, eine attraktive Auswahl zu präsentieren und zusätzliche Kaufanreize zu schaffen.

Kritische Entwicklung
Diese Entwicklung bringt sowohl für Hersteller als auch für den traditionellen Spielwarenfachhandel spezifische Herausforderungen mit sich:

Herausforderungen für die Spielwarenhersteller

Preis- und Margendruck
Der Vertrieb über den Lebensmittelhandel, Non-Food-Discounter und Drogeriemärkte bedeutet für Hersteller oft einen enormen Preisdruck. Diese Handelsketten kaufen in großen Mengen ein und erwarten entsprechend niedrige Einkaufspreise, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Das kann die Gewinnmargen der Hersteller deutlich reduzieren.

Erosion der Markenpositionierung
Spielwarenhersteller, die bisher stark auf eine Premium-Positionierung gesetzt haben, müssen sich überlegen, ob und wie sie in den neuen Vertriebskanälen präsent sein wollen. Eine Listung in Discountern oder im LEH könnte die Marke in ein anderes Preissegment verschieben und den Markenkern verwässern.

Abhängigkeit von großen Handelsketten
Wer als Hersteller stark auf den Vertrieb über LEH, Drogerien und Discounter setzt, läuft Gefahr, in eine Abhängigkeit von wenigen großen Handelsunternehmen zu geraten. Diese haben eine immense Marktmacht und können Preise, Lieferbedingungen und Sortiment stark beeinflussen.

Logistische Herausforderungen
Jeder Vertriebskanal hat eigene Anforderungen an Verpackung, Lieferzeiten und Produktpräsentation. Während der Fachhandel beispielsweise individuelle Beratung und exklusive Sortimente schätzt, erwarten Discounter standardisierte, palettengerechte Verpackungseinheiten. Die Anpassung an unterschiedliche Anforderungen kann hohe Kosten verursachen.

Herausforderungen für den Spielwarenfachhandel

Verlust von Exklusivität
Früher waren viele Markenprodukte exklusiv im Fachhandel erhältlich. Heute finden Verbraucher zahlreiche dieser Produkte auch im Supermarkt oder online. Das schwächt die Position des Fachhandels als Spezialanbieter.

Verdrängung durch Preiskampf
Kunden vergleichen zunehmend Preise und greifen häufig zum günstigeren Angebot – sei es online oder im Discounter. Der Fachhandel kann in diesem Preiskampf oft nicht mithalten, da er höhere Kosten für Beratung, Ladenmiete und Personal trägt.

Sinkende Kundenfrequenz
Durch die Verlagerung von Einkäufen auf alternative Kanäle besuchen viele Kunden den klassischen Spielwarenhandel seltener. Vor allem spontane Käufe oder saisonale Geschenke werden oft nebenbei beim Wocheneinkauf mitgenommen, anstatt gezielt im Fachgeschäft zu stöbern.

Wachsende Bedeutung von Omnichannel-Strategien
Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss der Fachhandel digitale Strategien entwickeln, zum Beispiel durch eigene Online-Shops oder Click-&-Collect-Angebote. Das ist mit hohen Investitionen verbunden, die nicht jeder Fachhändler stemmen kann.

Eine Branche muss sich neu erfinden
Die zunehmende Verlagerung des Spielwarenverkaufs auf alternative Vertriebswege bringt für Hersteller und Fachhändler gleichermaßen Herausforderungen mit sich. Während der Fachhandel weiterhin eine wichtige Rolle für Beratung und Spezialsortimente spielt, haben sich alternative Kanäle wie LEH, Non-Food-Discounter, Online-Plattformen, der Buchhandel und Drogeriemärkte als bedeutende Ergänzungen etabliert.
Für Hersteller bedeutet diese Entwicklung eine Chance, ihre Reichweite zu vergrößern und neue Zielgruppen zu erschließen. Gleichzeitig müssen sie ihre Vertriebsstrategien sorgfältig austarieren, um zwischen breiter Verfügbarkeit und gezielter Markenpflege die richtige Balance zu finden. Der Fachhandel hingegen sieht sich mit einem wachsenden Wettbewerbsdruck konfrontiert und muss durch Service, Beratung und exklusive Sortimente seine Relevanz in einem zunehmend fragmentierten Markt behaupten.
Letztlich wird die Zukunft der Branche davon abhängen, wie flexibel sich Unternehmen an die veränderten Konsumgewohnheiten anpassen und innovative Konzepte entwickeln. Dabei ist eines sicher: Die Spielwarenbranche bleibt in Bewegung; wer sich den neuen Gegebenheiten proaktiv stellt, wird langfristig erfolgreich sein.


TOYS hat bei verschiedenen Branchenakteuren nachgefragt, wie sie sich in dieser komplexen Gemengelange positionieren und welchen Stellenwert der Spielwarenfachhandel als Vertriebskanal hat und spannende Antworten erhalten:

Christian Krömer, Toysino & Spielwaren Krömer

Christian Krömer, Toysino & Spielwaren Krömer: Wir merken deutlich, dass Spielware immer mehr auf nicht-traditionellen Wegen, also über den LEH, Drogisten, Non-Food Discounter, vertrieben wird – und zwar jedes Jahr besonders in der Hochsaison. Während wir als Fachhandel das ganze Jahr über das vollständige Sortiment anbieten, setzen viele Hersteller in der Saison zusätzlich auf Discounter und Supermärkte, die dann punktuell mit stark rabattierten Einzelartikeln auftreten. Das hat sich seit Corona noch verstärkt, weil Hersteller nach neuen Absatzwegen gesucht haben. Die Auswirkungen auf unser Geschäft sind spürbar: Es gibt klare Umsatzeinbußen, da Kunden gezielt zu diesen Angeboten greifen. Zudem führt es dazu, dass die Wertigkeit der Spielware sinkt – wenn ein Artikel plötzlich für den halben Preis im Discounter liegt, stellt sich beim Endkunden die Frage, warum er bei uns mehr zahlen soll. Das untergräbt das Vertrauen in den stationären Handel und schwächt langfristig unsere Position. Wir reagieren darauf, indem wir unseren Fokus darauf legen, unseren Kunden einen echten Mehrwert zu bieten. Wir setzen verstärkt auf Beratung, Service und ein Einkaufserlebnis, das der Discounter nicht liefern kann. Gleichzeitig versuchen wir, durch individuelle Aktionen unsere Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Dennoch: Wenn ein Hersteller parallel bei uns und bei Discountern verkauft, haben wir ein Problem – denn wir können und wollen diese Preisstruktur nicht mitgehen. Angesichts dieser Entwicklungen wünschen wir uns von unseren Partnern auf Herstellerseite vor allem Verlässlichkeit und Fairness. Viele von ihnen betonen immer wieder, wie wichtig der Fachhandel für sie ist – doch wenn es darauf ankommt, sehen wir oft, dass saisonal dennoch an die Discounter geliefert wird. Wir wünschen uns klare Strategien, die den Fachhandel nicht benachteiligen, sondern ihn gezielt stärken – sei es durch exklusive Produkte, längere Vorverkaufszeiten oder eine bewusste Entscheidung gegen den Vertrieb über Billigkanäle. Zukünftig wird der Druck auf den Fachhandel weiter steigen, wenn Hersteller keine klaren Entscheidungen treffen. Der Online-Handel und die Discounter haben bereits viele Marktanteile erobert, und dieser Trend wird sich fortsetzen. Wir glauben aber, dass Fachhändler, die konsequent auf Qualität, Beratung und Erlebnis setzen, weiterhin erfolgreich sein können – wenn die Industrie sie aktiv unterstützt und nicht mit Dumping-Angeboten konterkariert.

Presseteam Müller Handels GmbH & Co. KG: Für Müller ist das Segment Spielware keine Neuheit, denn bereits seit über dreißig Jahren finden Groß und Klein bei uns attraktive Spielwaren auf großer Fläche. Auch vorher war diese Produktkategorie schon vertreten, jedoch in einem etwas kleineren Maße. Die Nachfrage nach Spielware ist seit der Pandemie bei Müller ungebrochen hoch und konnte sogar noch weiter ausgebaut werden. Das bestätigt unsere Rolle als wichtiger Händler in diesem Segment. Wir bemerken, dass durchweg alles – also kleine Mitgebsel und größere Produkte – verkauft werden. Wenn der Preis für ein Produkt jedoch deutlich über 100 Euro liegt, dann kaufen unsere Kundinnen und Kunden die Waren bevorzugt in unserem Onlineshop statt stationär vor Ort. Das Schöne: Egal ob Groß oder Klein, bei Müller bieten wir für alle Altersgruppen passende Spielwaren an. Seit einigen Jahren bemerken wir, dass vermehrt auch das Spielwaren-Segment für Erwachsene Anklang findet. Wie auch für den restlichen Markt ist für uns das Weihnachtsgeschäft ein wichtiger Zeitraum, in dem besonders gerne Spielwaren gekauft werden.

Marcel Rieser, dm drogeriemarkt: Unser Sortiment im Bereich Baby und Kleinkind richtet sich primär an Familien mit Kindern von null bis circa sechs Jahren. Entsprechend orientieren sich auch unsere temporären Spielwarenangebote an dieser Zielgruppe.
Eine signifikante Veränderung der Nachfrage nach Spielwaren seit der Pandemie können wir bei dm nur bedingt feststellen.Bei uns stehen die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden im Mittelpunkt. Wir führen im Bereich Baby und Kleinkind zwar keine klassischen Spielwaren im festen Sortiment, integrieren aber immer wieder themenbezogene Spielwaren über Zweitplatzierungen in unsere Sortimentsvielfalt. Dies hat sich vor allem in saisonalen Kontexten als sinnvoll erwiesen. In der Vergangenheit waren insbesondere Anlässe wie Weihnachten oder Ostern interessant, um unseren Kundinnen und Kunden ergänzende Spielwaren-Produkte anzubieten. Wir nehmen das Kundeninteresse im Bereich Spielwaren wahr, konzentrieren uns jedoch weiterhin auf unser etabliertes Sortiment im Bereich Baby und Kleinkind. Demnach planen wir aktuell keine dauerhafte Ausweitung unseres Produktangebotes um klassische Spielwaren – weder stationär noch im dm-Onlineshop.

Franziska Metz, Rossmann: Spielwaren bieten wir bei Rossmann bereits seit über 15 Jahren für alle Altersgruppen an – und das Angebot wurde kontinuierlich optimiert. Rossmann ist stets bemüht, seinen Kundinnen und Kunden in den Filialen einen möglichst breiten Sortimentsmix anzubieten. Dies trägt dazu bei, die Kundenzufriedenheit zu steigern und ermöglicht es, gerade in ländlichen Regionen oft auch als Nahversorger aufzutreten. Da zu unseren Kundinnen und Kunden auch viele Familien zählen, ist das Anbieten von Spielwaren eine sinnvolle Ergänzung zu unserem eigentlichen Kerngeschäft. Erhältlich sind einerseits Spielwaren für Babys und Kleinkinder (für die Altersgruppe bis vier Jahre bietet Rossmann seit letztem Jahr auch die Spielzeug-Eigenmarke „Miniju“ an). Zum anderen wird auch der „Kidults“-Trend aufgegriffen, indem Spielwaren für Erwachsene im Angebot sind.
Spielwaren sind ein ergänzender Sortimentsbereich und daher nicht in allen Filialen verfügbar. Vor allem die Größe einer Filiale ist entscheidend dafür, ob wir Spielwarensortimente führen. Der Bereich Spielwaren entwickelt sich ähnlich positiv wie das gesamte Unternehmen – auch während und nach vergangenen Krisenzeiten. Doch der Platz für diese Produktgruppe ist begrenzt. Aus diesem Grund legen wir den Fokus auf Spielwaren in günstigen bis mittleren Preislagen. Spielwarensammlungen bieten wir vereinzelt zur Weihnachtszeit an, doch auch das Osterfest und der Schulanfang sind interessante Zeiträume für besondere Spielwarenangebote.

Presseteam Thalia Bücher GmbH: Die Nachfrage nach Spielware bei uns wächst seit der Pandemie weiter. Spielwaren ergänzen das Buchhandelssortiment perfekt und wir bieten Produkte für alle Zielgruppen und Nischenthemen an – von Baby/Kleinkind-Themen bis zu Erwachsenen-Sortimenten, von Manga-Themen, bis hin zum Kennerspiel des Jahres ist alles im Angebot. Kommend über das Thema Kinderbuch sind Familien schon seit jeher für uns eine wichtige Zielgruppe. Somit ist es naheliegend, dieser Zielgruppe auch klassische Spielwaren anzubieten. Nach der Pandemie konnten wir keinen Einbruch verzeichnen, im Gegenteil, mit dem stetigen Ausbau unseres Sortiments auf beiden Vertriebskanälen, nehmen uns immer mehr Kundinnen und Kunden als kompetenten Anbieter im Bereich Spielwaren wahr. Bei Thalia findet man ein gut kuratiertes Sortiment mit einem hohen edukativen Ansatz. Gerade im Gesellschaftsspielebereich haben wir eine absolute Stärke. Und wir arbeiten daran, das Sortiment stetig auszuweiten und noch besser auf unsere wachsende Zielgruppe anzupassen. Unser Ziel ist es, dass Kunden stets das perfekte Geschenk bei Thalia finden, denn wir sehen uns als den idealen Ort für einen Inspirationskauf. Deshalb gelingt es uns auch besonders gut, sowohl kleine Mitgebsel, als auch zum Beispiel Strategiespiele zu vermarkten. Kompetente Präsentation und geschulte, motivierte Mitarbeitende in den Buchhandlungen sind hierfür der Schlüssel.
Was das Saisongeschäft betrifft, ist wie überall im Handel Weihnachten für uns die umsatzstärkste Zeit des Jahres. Dennoch ist bei Thalia auch der Schulstart ein wichtiger Kaufanlass – mindestens genauso wichtig wie Ostern.

Nadine Aniol, Aldi Nord: Wir sind als Erfinder des Discounts in erster Linie Grundversorger und Frischehändler. Dabei folgen wir den Prinzipien der Einfachheit und Konzentration auf das Wesentliche. Das bei unseren Kundinnen und Kunden sehr beliebte Non-Food-Angebot ist ein wichtiges Segment, das unser Sortiment abrundet. Hier bilden wir Trends ab und versorgen unsere Kundinnen und Kunden zur richtigen Zeit mit Artikeln, die einen hohen Nutzwert für ihr tägliches Leben haben – darunter Produkte aus den Bereichen Textilien und Schuhe, Elektronik, Haushalt, Heimwerkerbedarf und Garten. Unser Non-Food-Aktionssortiment wechselt zweimal wöchentlich; neue Aktionsartikel sind immer montags und donnerstags erhältlich.
Spielwaren stellen innerhalb des Non-Food-Sortiments eine wichtige Warengruppe dar, die wir unseren Kundinnen und Kunden mehrmals im Jahr anbieten. Die Auswahl reicht von kleinen Spielsachen im niedrigen Preissegment bis hin zu größeren Spielwaren. Letztere sind vor allem zu passenden Geschenksaisonen erhältlich, beispielsweise in der Vorweihnachtszeit. Mit unserem Spielwarensortiment möchten wir eine möglichst breite Altersgruppe ansprechen.

Julia Leipe, Aldi Süd: Aldi Süd orientiert sich grundsätzlich an den Wünschen und Bedürfnissen der Kund*innen und bietet in regelmäßigen Abständen Aktionen mit Spielwaren für Kinder verschiedenen Alters an. Besonders in der Weihnachtszeit gibt es bei Aldi Süd ein breites Aktions-Sortiment.


Prof. Dr. Carsten Kortum ist Studiengangsleiter für BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn und Experte für Handelsmanagement, Handelsmarketing sowie nachhaltige Wertschöpfungsketten. TOYS hat ihn um eine Einschätzung der Vertriebswege für Spielware gebeten.

Prof. Dr. Carsten Kortum, Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn

Herr Kortum, wie rentabel beziehungsweise attraktiv ist es für den Lebensmitteleinzelhandel, Spielware zu vertreiben?
Der Vertrieb von Spielwaren im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und bei den Drogeriefilialisten kann eine attraktive Zusatzmarge generieren. Besonders im impulsgetriebenen Geschäft, etwa durch Display-Präsentationen oder saisonale Aktionen über das Jahr erzielt der LEH beachtliche Umsätze. Die SB-Großfläche und die Drogerie Müller haben es geschafft sich als Alternative zum Fachhandel mit Dauerlistungen zu etablieren. Allerdings sind die Margen im LEH in der Regel niedriger als im klassischen Spielwarenhandel, da der Preisdruck durch Discounter und Online-Anbieter hoch ist. Gerade im Aktionsgeschäft muss die Ware bei der engen Zeittaktung der Werbung ja in nur weniger Tagen weitgehend abverkauft werden. Die Margen sind niedriger bei sehr hohen Umschlagsgeschwindigkeiten in den Promotions, bei der Listung nähert sich die Kalkulation dem klassischen Spielwarenhandel an.

Wie sieht die Zukunft für den Vertrieb von Spielwaren aus?
Die Zukunft hängt stark von den Vertriebskanälen ab. Online-Plattformen und Nonfood-Discounter gewinnen weiterhin Marktanteile, doch auch hybride Modelle, die den stationären Handel mit digitalen Einkaufserlebnissen verbinden, sind auf dem Vormarsch. Der LEH wird Spielwaren weiterhin als Ergänzung im Sortiment führen, insbesondere in der Hochsaison in Q4, aber ohne sich als Hauptakteur zu positionieren. Nachhaltigkeit und Individualisierung sind zukünftige Trends, die auch im Massenmarkt an Bedeutung gewinnen werden. Auch das Thema Licensing gewinnt auf hohem Niveau weiter dazu.

Wie steht es um die Kundenresonanz? Erwartet der Kunde auch zukünftig, dass es im LEH Spielwaren gibt? Wie hat sich das Kaufverhalten seit der Pandemie entwickelt?
Der Kunde erwartet durchaus ein gewisses Sortiment an Spielwaren im LEH, insbesondere günstige und trendige Artikel. Die Pandemie hat das Einkaufsverhalten nachhaltig geändert: Online-Käufe sind gestiegen, aber gleichzeitig sind lokale Verfügbarkeit und Spontankäufe wichtiger geworden. Viele Verbraucher kombinieren heute Online-Recherche mit stationärem Einkauf und legen Wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie Nachhaltigkeit. Hier gilt es die Customer-Journey zu kennen und alle Touchpoints mit den Kunden zu bespielen.

Welche Saison ist besonders interessant für den Lebensmitteleinzelhandel beziehungsweise Drogerien im Hinblick auf das Spielwarenangebot?
Die umsatzstärkste Saison ist ohne Zweifel das Weihnachtsgeschäft. Doch auch Ostern, Schulanfang und Kindertage sind relevante Zeiträume, in denen gezielte Aktionen hohe Verkaufszahlen erzielen können. Zudem gewinnen Sommer- und Outdoor-Spielwaren an Bedeutung, insbesondere im Kontext von Nachhaltigkeit und „Back to Nature“-Trends.

Welche Märkte sind in Zukunft relevant für den Vertrieb von Spielwaren?
Neben den klassischen Absatzmärkten in Europa und Nordamerika sind insbesondere Schwellenländer mit wachsenden Mittelschichten von Interesse. In Asien, insbesondere in China und Indien, gibt es ein enormes Wachstumspotenzial. Auch digitale Vertriebskanäle und Direct-to-Consumer-Modelle gewinnen weltweit an Bedeutung. Plattformen ermöglichen Transaktionen von Hersteller zum Endkonsumenten ohne den Einzelhandel. Insbesondere die Produzenten aus den chinesischen Spielzeugclustern werden zunehmend versuchen über Plattformen in die europäischen Märkte direkt zu verkaufen. Ein Ende der Paketflut von temu und Co. ist nicht absehbar.

Inwiefern steht diese Sortimentserweiterung in Konkurrenz zum klassischen Spielwarenladen? Wie sieht die Zukunft für den stationären Spielwarenhandel aus?
Der klassische Spielwarenhandel steht unter starkem Druck durch den Online-Handel, die Plattformen und die Sortimentserweiterung des LEH. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen stationäre Händler verstärkt auf Erlebniswelten setzen, personalisierte Beratung anbieten und mit digitalen Lösungen arbeiten. Click & Collect, exklusive Produktlinien und erweiterte Services können dabei helfen, sich gegen die große Konkurrenz zu behaupten. Die Zukunft liegt in einem Omnichannel-Ansatz, der Online- und Offline-Angebote intelligent verknüpft und auch alle Kommunikationskanäle mit einschließt. Der Spielwarenhandel muss auf Erlebnis- und Servicemotive setzen. Das Preismotiv und das Auswahlmotiv können Online-Händler und aggressive Food- und Nonfood-Discounter besser bedienen.


Auch Vedes Händler spüren die Diversifizierung der Vertriebswege für Spielware. Dominik von Rodde aus dem Vorstand der Vedes erklärt, wie deren Mitglieder damit umgehen.

Dominik von Rodde, Vedes

Wie stark spüren die Vedes Händler (insbesondere seit Corona), dass Spielware verstärkt auf nicht-traditionellen Wegen, also über den LEH, Drogisten, Non-Food Discounter, vertrieben wird?
Den Trend, dass Spielwaren über alternative Vertriebswege verkauft werden, gibt es schon lange – früher allerdings vor allem zur Spielwarenhauptsaison rund um Weihnachten. Sicherlich hat sich diese Entwicklung seit der Pandemie verstärkt. Diese alternativen Anbieter nutzen ihre Reichweite und die hohe Kundenfrequenz, um gezielt preisaggressive Angebote zu platzieren. Der Fachhandel spürt diesen Druck, insbesondere bei hochvolumigen Standardartikeln und Aktionsware.

Welche Auswirkungen hat das auf deren Geschäft?
Die zunehmende Sortimentsvielfalt in branchenfremden Handelskanälen und deren teilweise aggressive Preispolitik führen zu einer extremen Wettbewerbsverschärfung. Preisdumping und die damit einhergehenden sinkenden Margen setzen den Fachhandel zusätzlich unter Druck – und das in einer Zeit, in der er ohnehin mit steigenden Kosten für Mieten, Energie und Löhne, Fachkräftemangel und teilweise rückläufigen Umsätzen zu kämpfen hat. Viele Kunden vergleichen heute die Preise über verschiedene Kanäle hinweg, wodurch die Preisgestaltung des Fachhandels erschwert wird. Zudem verlagern sich die Impulskäufe, die früher im Fachhandel getätigt wurden, zum Teil in die Supermärkte und Discounter.

Wie gehen die Vedes Händler damit um? Setzen sie zum Beispiel auf besondere Sortimente, Aktionen, spezielle Zielgruppen etc.?
Um sich zu differenzieren, setzen unsere Vedes Händler auf kompetente Beratung, personalisierte Dienstleistungen, Attraktivität durch ein breites Sortiment mit exklusiven Sortimenten sowie Produktlinien und auf ein besonderes Einkaufserlebnis. Natürlich spielen auch hochwertige Marken und edukative Spielwaren eine wichtige Rolle, da diese vom Verbraucher bevorzugt im Fachhandel gesucht und gekauft werden. Zudem ist individuelle Kundenberatung, wie z.B. Schulranzen-Tage oder Kreativ-Workshops, wichtig. Kurzum: Der Fachhandel punktet mit der Kombination aus Erlebnis, persönlichem Service und einem klaren Fokus auf Familienbedürfnisse.

Und wie unterstützt die Vedes ihre Mitglieder, um sich abzugrenzen und deren Geschäft voranzutreiben?
Als serviceorientierte Dienstleistungszentrale mit einem umfassenden Angebot bietet die Vedes ihren Mitgliedern relevante Wettbewerbsvorteile. Dazu gehören u.a. Omnichannel-Konzepte, um die Kunden aller relevanten Altersgruppen auf verschiedensten Kanälen zu erreichen und die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen, Effizienzsteigerungen durch technische Lösungen im Bereich der Warenwirtschaft, margenträchtige Eigenmarken und Exklusivlinien, effiziente Kooperationen mit namhaften Partnern sowie innovative Marketing- und Werbekonzepte – alles gezielt auf den Fachhandel zugeschnitten. Die Vedes verfügt über eine große Sortimentsbreite und -tiefe, wie sie kaum anderswo zu finden ist: Unser Sortiment umfasst über 300.000 Artikel, davon rund 15.000 in unserem eigenen Großhandelslager. Außerdem beruht unser gesamtes Leistungsangebot auf Analysen unserer unternehmenseigenen Vedes Marktforschung.

Was wünschen sich Ihre Händler vonseiten der Hersteller für ihre Zusammenarbeit?
Unsere Händler wünschen sich vor allem eine stärkere Differenzierung der Sortimente zwischen Fachhandel und alternativen Vertriebskanälen. Exklusive Produkte, faire Preisstrukturen und verlässliche Lieferketten sind zentrale Anliegen. Der Fachhandel ist ein wichtiger Partner für den nachhaltigen Markenaufbau und die Kundenbindung. Zentralseitig wünschen wir uns mehr Partnerschaftlichkeit und Verständnis für den Fachhandel. Die Hersteller müssen verstehen, dass der Handel Luft zum Atmen braucht, wofür eine gewisse Marge notwendig ist. Viele Produkte und Sortimente wurden über den Fachhandel groß und erfolgreich – das wird ab und an vergessen. Erst wenn die Umsätze runtergehen, erinnert sich der eine oder andere wieder daran … Ärgerlich ist, dass einige Hersteller im Direktvertrieb beträchtliche Rabatte geben oder über Plattformen wie Amazon deutlich unter dem empfohlenen Verkaufspreis anbieten. Andere erhöhen oder senken auch ihre Einkaufspreise, ohne die Handelsspannen für unsere Händler entsprechend anzupassen.

Wie wird sich der Spielwarenvertrieb in den nächsten 2 bis 3 Jahren verändern? Welche Entwicklungen können Sie absehen?
Wir gehen davon aus, dass sich der Wettbewerb weiter intensivieren wird. Die Digitalisierung bleibt ein Schlüsselfaktor. Händler müssen sowohl stationär als auch online präsent sein, um den veränderten Konsumgewohnheiten gerecht zu werden. Aber je digitaler und schnellebiger unsere Welt wird, umso mehr sehnen sich die Menschen nach echten Erlebnissen, wollen Spiele und Spielsachen live ausprobieren und entdecken. Das bedeutet, dass sich der Fachhandel weiter eindeutig als Point of Emotion positionieren muss, der seine Kunden durch die schon erwähnte Kombination aus Erlebnis und persönlichem Service sowie einem klaren Fokus auf die Kundenbedürfnisse nachhaltig begeistert.
Zunehmend Sorge bereitet dem Handel und der Industrie gleichermaßen die zunehmende Wettbewerbsverzerrung durch die Plattformen Temu, Shein & Co. Hier muss zeitnah eine Regelung seitens der Politik erfolgen. Wir brauchen die gleichen Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer, eine stärkere Marktüberwachung, ein konsequentes Vorgehen der Zollbehörden und einen funktionierenden Verbraucherschutz. Schlupflöcher wie etwa die Zollfrei-Grenze müssen gestopft und europäische Sicherheitsstandards eingehalten werden.


Klaus Müller ist der geschäftsführende Gesellschafter von Spielwaren Schweiger in Nürnberg. Er erläutert im Gespräch, was alternative Vertriebswege für Spielware für ihn als Spielwaren-Spezialist bedeuten.

Klaus Müller, Spielwaren Schweiger

Herr Müller, wie stark spüren Sie als Fachhändler, dass sich die Vertriebswege für Spielware verändern?
Wir bei Schweiger spüren das relativ wenig. Wir sind gut aufgestellt, haben einen etablierten Namen und ein großes Einzugsgebiet – man kennt uns einfach. Sicherlich verlieren wir gelegentlich mal eine Holzeisenbahn oder ein anderes Produkt an den Discounter. Aber insgesamt betrachtet hat das keinen großen Einfluss auf unser Geschäft.

Also spielt der Preis nicht immer die entscheidende Rolle?
Genau. Vor allem bei Marken wie Playmobil oder Lego hören wir natürlich mal, dass es woanders billiger sei. Aber auch wir haben gelegentlich Angebote, die sogar günstiger als im Lebensmitteleinzelhandel sind. Dennoch setzen wir nicht auf ständige Preisnachlässe. Bei uns gilt: Der Preis, der auf der Packung steht, ist der Preis.

Welche Warengruppen sind besonders von der Konkurrenz durch Discounter betroffen? Wo sehen Sie Ihre Stärken?
Unsere Stärke liegt in der Vielfalt. Wir führen über 30.000 verschiedene Artikel – das ist eine Auswahl, die kein Discounter bieten kann. Zudem spielt die Beratung eine zentrale Rolle, etwa bei Schulranzen oder Gesellschaftsspielen. Bei gängigen Titeln wie „Labyrinth“ mag das weniger wichtig sein, aber wenn Kunden etwas Spezielles suchen, benötigen sie eine fachkundige Beratung. Auch in unserer Buchabteilung legen wir großen Wert darauf: Wir verkaufen jährlich Kinder- und Jugendbücher im Wert von über 200.000 Euro – das funktioniert nur mit kompetenter Beratung. Nur Produkte ins Regal zu stellen, reicht eben nicht aus.

Das bedeutet, Sie bieten als Fachhändler einen Mehrwert, den Discounter nicht leisten können?
Genau. Discounter haben keine echte Auswahl und setzen auf Saisongeschäft mit niedrigen Preisen. Eine echte Beratung gibt es dort nicht. Wer eine Carrera-Bahn oder ein Modell von Revell oder Heller kauft, benötigt Beratung – und die gibt es nur im Fachhandel. Wir haben allein im Plastikmodellbau rund 30 Lieferanten. Hier ist Fachwissen gefragt.

Haben Sie konkrete Maßnahmen ergriffen, um sich vom LEH und den Discountern abzugrenzen?
Neben unserem bewährten Konzepten setzen wir besonders auch auf die innovative und sehr gute Zusammenarbeit mit duo schreib und spiel im Bezug auf unsere Werbemaßnahmen, Trends und Warenbezüge über den Iden Großhandel.

Aber Sie investieren in Werbung?
Ja, wir betreiben gezielte Werbung – im Radio, im Fernsehen, auf Großplakaten. Zur Messe und bis Ostern sind beispielsweise alle Einfahrtsstraßen in Nürnberg mit unserer Werbung belegt. Im Sommer setzen wir auf Schulwerbung, zur Weihnachtszeit auf Imagewerbung. Preisaktionen können und wollen wir nicht mitgehen, stattdessen setzen wir auf gezieltes Marketing.

Sie sind also sehr aktiv in der Kundenansprache. Wer organisiert das alles bei Ihnen?
Meine Frau und ich kümmern uns darum – meine Frau ist inzwischen Expertin für neue Medien. Und die nächste Generation steht auch schon bereit: Mein Sohn wird nach der Beendigung seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelsmanagement, in unser Geschäft eintreten.. Wir haben immer betont, dass er nicht direkt ins Familienunternehmen einsteigen soll, sondern zuerst Erfahrung woanders sammeln muss. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen.

Sie haben einmal gesagt, dass Weihnachten nicht mehr das Hauptgeschäft im Fachhandel ist. Hat sich das bewahrheitet?
Ja. Natürlich haben wir in der Weihnachtszeit eine hohe Frequenz, aber früher war sie noch höher. Heute gibt es zu viele Wettbewerber: Aldi, Lidl, Kaufland, Marktkauf – sie alle verkaufen Spielwaren. Das Problem ist, dass die Branche nicht versteht, dass man während der Hauptsaison Geld verdienen muss, anstatt Preise zu senken. Denken Sie an die Blumenpreise rund um den Valentinstag oder an die Reisebranche – zur Hochsaison sind die Preise hoch. In der Spielwarenbranche passiert das Gegenteil: Preise werden zu Weihnachten gedrückt, was wirtschaftlich wenig Sinn ergibt. Wir machen das nicht mit.

Das bedeutet, dass man das ganze Jahr hindurch Umsatz generieren muss?
Genau. Und das funktioniert unter anderem durch Sortimentserweiterung. Wir sind mittlerweile der führende Schreibwarenhändler in Nürnberg und im Umland. Kunden fahren bis zu 40 Kilometer zu uns, weil es keinen Vollsortimenter mehr gibt. Ein Müller-Markt mag Schulartikel zum Schulanfang haben, aber oft fehlen bestimmte Hefte oder Stifte. Wir haben zur Hochsaison zehn Berater nur für Schreibwaren. Kunden schicken uns ihre Einkaufslisten per WhatsApp, und wir stellen ihnen alles zusammen. So bieten wir echten Mehrwert.

Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit den Herstellern? Was würden Sie sich wünschen?
Eine faire Zusammenarbeit. Hersteller sollten nicht nur auf Großbetriebsformen, Discounter und Onlinehandel zum schnellen Abverkauf setzen, sondern auch den Fachhandel unterstützen. Im Laden präsentieren wir ihre Produkte, die Kunden können sie hier ausprobieren. Wenn es den Fachhandel nicht mehr gibt, fehlt dieser direkte Kontakt – und das würde langfristig auch den Herstellern schaden. Kleine Produzenten von Holzspielwaren oder speziellen Brettspielen hätten dann kaum noch eine Chance.

Wenn Sie in die Zukunft blicken, wie wird sich der Spielwarenvertrieb entwickeln?
Diejenigen, die gut aufgestellt sind und wie wir mit duo schreib und spiel einen hochleistungsfähigen und innovativen Verband angehören, werden überleben. Man muss flexibel bleiben: das Sortiment modernisieren, neue Warengruppen ausprobieren und aufnehmen. Ich erinnere mich, dass wir früher sehr stark auf Bücher gesetzt haben, die haben wir dann für eine Weile aus dem Sortiment genommen. Später haben wir sie wieder aufgenommen – mit großem Erfolg. Das zeigt: Man muss den Markt ständig beobachten und bereit sein, sich auch zu verändern.


Manuel Knemöller, Coppenrath Verlag:

Manuel Knemöller, Coppenrath Verlag: Die Märkte und die Bedingungen für den Spielwarenhandel verändern sich, das ist unbestreitbar. Beim Betrachten der einzelnen Märkte muss man stark unterscheiden.
Der Buchhandel ist für uns ohnehin ein starker Vertriebspartner und wir sehen ein immer stärker werdendes Engagement des Buchhandels in Richtung Spielware im Sinne des „Erlebnis schaffen für Kunden“ sehr positiv. Uns ist jedes Engagement des Fachhandels willkommen.
Bezüglich der Drogeriemärkte verhält es sich etwas anders. Diese werden immer mehr zu Spielwarenhändlern, allerdings mit einem stark eingeschränktem Sortiment. Aufgrund der hohen Frequenz in diesen Märkten ist ein Engagement für uns als Lieferant allerdings notwendig. Nirgends erreichen wir so viele Menschen, die zufällig unsere Produkte entdecken können und trotzdem befinden wir uns im richtigen Umfeld mit anderen relevanten Lieferanten. Dieser Vertriebsweg wird auch in den nächsten Jahren bedeutend bleiben.
Auch im LEH ist die Frequenz in den letzten Jahren sehr konstant, allerdings legen wir hier keinen Fokus, können und wollen aber auch nicht ausschließen, dass dort gelegentlich Ware von uns steht.
Beim LEH-Discounter bleiben wir bei unserer Skepsis. Hier fehlt nach unserer Einschätzung die richtige Umgebung und damit auch Atmosphäre um unsere Produkte richtig präsentieren zu können. Kurzfristige Aktionen bringen Aufmerksamkeit, aber kaum dauerhaften Erfolg.
Trotzdem wird für die Spielware der Fachhandel unser wichtigster Partner der nächsten Jahre bleiben. Hier unterstützen wir auch weiterhin mit breitem Sortiment, verkäuflichen Produkten aller Preisklassen, Präsentationshilfen und optimaler Beratung durch unseren Außendienst. Dies gilt aktuell und wir sind sicher, dies wird auch in den nächsten Jahren so bleiben, auch wenn es möglicherweise an der ein oder anderen Stelle zu Flächenverlusten kommen wird.

Axel Kaldenhoven, Schmidt Spiele: Die Zusammenarbeit mit LEH, Drogeriemärkten und Discountern hat bei Schmidt Spiele schon immer eine Rolle gespielt. Auch diese Kanäle sind wichtig für unsere Reichweite. Hier wird eine Kundschaft erreicht, die oft auch außerhalb des klassischen Spielwarenmarktes einkauft, und zu unserem Vertriebserfolg beiträgt. Eine Schlüsselrolle spielt weiterhin der Spielwaren-Fachhandel.
Grundsätzlich ist uns die enge Zusammenarbeit mit all unseren Partnern sehr wichtig, um einer breiten Zielgruppe mit einer gewissen Flexibilität in Bezug auf saisonale und spontane Nachfrage unsere Produkte anbieten zu können. Auch weiterhin sind wir nach wie vor der Meinung, dass die Vertriebskanäle in den nächsten Jahren diversifiziert bleiben werden.

Axel Kaldenhoven, Schmidt Spiele
Bahri Kurter, Playmobil

Bahri Kurter, Playmobil: Als Hersteller orientieren wir uns konsequent an den Bedürfnissen der Konsumenten und sind in den bevorzugten Einkaufskanälen präsent. Das Kaufverhalten für Spielwaren hat sich in den letzten Jahren stark verändert: Während früher Fachgeschäfte und Kaufhäuser dominierten, gewinnen zunehmend Onlinehandel, Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien und Discounter an Bedeutung, was sich auch in unserem wachsenden Umsatzanteil in diesen Kanälen widerspiegelt. Während der stationäre Fachhandel schon länger vor Herausforderungen steht, hat die Pandemie das Wachstum anderer Kanäle zusätzlich beschleunigt. Für uns bleiben die verschiedenen Vertriebswege jedoch komplementär: Online, Lebensmitteleinzelhandel und Drogerien bieten breite Verfügbarkeit, während unsere Partner im Fachhandel mit Spezialisierung und innovativen Erlebniskonzepten auf die veränderten Marktbedingungen reagieren, was für uns als Marke von großer Bedeutung ist. Denn Spielzeug ist ein haptisches Produkt, das entdeckt und erlebt werden möchte. Daher ist es uns wichtig, dass unsere Kunden unsere Themen- und Spielwelten im Einzel- und Fachhandel hautnah erfahren können.
Wir möchten gemeinsam mit dem Einzelhandel an der Weiterentwicklung dieser Erlebnismöglichkeiten arbeiten, um einzigartige Kunden- und Markenerlebnisse zu schaffen. Diese Erlebnisse sind ein zentraler Bestandteil unserer Markenwelt und tragen dazu bei, die Bindung zu unseren Kunden zu stärken. Daher setzen wir in Zukunft auf eine gezielte Sortiments- und Preispolitik, die optimal auf die Anforderungen der verschiedenen Vertriebskanäle abgestimmt ist.

Frank Giesecke, Simba Toys: Der Stellenwert der genannten Distributionskanäle ist für uns schon heute bedeutsam und die Akteure sind aktuell sehr dynamisch unterwegs. Der LEH, die Drogeriemärkte und auch die Nonfood-Discounter bieten ein hohes Maß an Kundenfrequenz. Insbesondere die Nonfood-Discounter und die Drogeriemärkte beschleunigen ihr Wachstum durch starke Expansionsaktivitäten in ganz Europa.
Dieser Dynamik müssen wir folgen, da sich unserer Meinung nach diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch verstärken wird. Auch der Buchhandel überzeugt mit neuen Konzepten, die den Konsumenten Einkaufserlebnisse bieten und entsprechend punkten können. (…) Der Spielwarenfachhandel wird sich weiter mit individuellen Konzepten und Einkaufserlebnissen positionieren, die den Endverbraucher auch ganzjährig in die Filialen locken werden und somit auch deren Position stärken können.

Frank Giesecke, Simba Toys
Jan Remus, Clementoni Deutschland

Jan Remus, Clementoni Deutschland: „Der Spielwarenfachhandel als auch Vertriebswege wie LEH, Drogeriemärkte, Buchhandel und Non-Food-Discounter sind für Clementoni wichtige Bestandteile einer gesamtheitlichen Vertriebsstrategie. 
Unser Ziel ist es, möglichst viele Kunden dort zu erreichen, wo sie kaufen – sei es im Fachhandel, im Lebensmitteleinzelhandel oder in weiteren Vertriebskanälen. Während der Fachhandel durch Beratung, Markeninszenierung und Sortimentstiefe überzeugt, bieten alternative Kanäle hohe Reichweiten und neue Kaufimpulse – insbesondere bei impulsgetriebenen oder thematisch saisonalen Produkten.
In den nächsten drei bis fünfJahren erwarten wir eine weitere Professionalisierung und Expansion dieser Kanäle. Entscheidend wird sein, dass wir als Hersteller Vertriebskonzepte flexibel anpassen: maßgeschneiderte Sortimente für unterschiedliche Handelsformate, exklusive Produkte und eine enge Verzahnung mit Online-Plattformen. Clementoni bleibt dabei ein verlässlicher Partner für den gesamten Handel und setzt auf eine nachhaltige, partnerschaftliche Zusammenarbeit – sowohl mit dem Fachhandel als auch mit neuen Vertriebskanälen. Denn am Ende zählt, dass wir unsere Kunden genau dort erreichen, wo sie nach unseren Marken und Produkten suchen“, Jan Remus, Geschäftsführer Clementoni Deutschland.

Yasin Ates, Ravensburger: Als Spiele- und Buchverlag sehen wir natürlich die wachsende Bedeutung diversifizierter Vertriebskanäle. So hat der Buchhandel, spätestens seit der Covid-Pandemie, die Spielware als sinnvolle Ergänzung entdeckt und fungiert oft dort als Nahversorger, wo Spielwarenhändler fehlen. Dennoch bleibt der Spielwaren-Fachhandel eine wichtige Säule, die wir mit einem breiten Außendienst-Team unterstützen.
Wir arbeiten als Allkanal-Lieferant bereits seit Jahren mit LEH, Drogeriemärkten und Non-Food Discountern, um eine breite Kundenbasis zu erreichen und unsere Produkte an frequentierten Orten zu platzieren. Dazu nutzen wir mit einem ausgewogenen Vertriebskonzept die Stärken aller Kanäle und können so auf veränderte Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher reagieren.

Yasin Ates, Ravensburger
Markus Bülke, Moose Toys

Markus Bülke, Moose Toys: Bereits vor Corona verschoben sich die Umsatzströme weg vom Einzelhandel hin zu neuen Vertriebskanälen. Die Industrie war daher schon länger gezwungen, sich weitere Vermarktungsmöglichkeiten zu erschließen. LEH, Drogerien, Online- und Buchhandel sind je nach Produktkategorie für uns längst unerlässlich. Doch die Wege verzweigen sich weiter – hin zu sogenannten Neben-Kanälen wie Fashion, Multimedia oder Schmuck & Accessoires, immer im Kontext der Produktaffinität der Zielgruppe. Hier schlummern teils erhebliche Potenziale. Konsument*innen handeln heute impulsiver und emotionaler denn je. Kaufentscheidungen fallen dort, wo das Produkt eine Verbindung schafft – abseits klassischer Vertriebsmuster. Discounter gewinnen dabei zunehmend an Bedeutung, nicht nur wegen ihrer Preise, sondern vor allem durch ihre enorme Kundenfrequenz. Erfolgreiche Vermarktung bedeutet künftig, die richtigen Kanäle gezielt zu bündeln und zugleich neue Wege zu erschließen – mit weniger Akteuren, aber größerer Marktdurchdringung.