Branche: Wandel aktiv gestalten
EK Retail blickt auf eine beeindruckende Geschichte zurück, in der sich das Unternehmen von einer regionalen Einkaufskooperation zu einer international agierenden Mehrbranchenverbundgruppe entwickelt hat. Im Interview geben Group Chief Retail Officer Jochen Pohle und General Manager Baby & Toys André Babenhauserheide Einblicke in die strukturellen Anpassungen und Herausforderungen, die diesen Wandel ermöglichten, und erklären, wie das Unternehmen die Herausforderungen des modernen Handels meistert.

EK Retail hat sich in 100 Jahren von einer regionalen Einkaufskooperation zu einer international agierenden Mehrbranchenverbundgruppe entwickelt. Welche strukturellen Anpassungen waren notwendig, um diesen Wandel zu ermöglichen, und welche Herausforderungen gab es dabei?
Jochen Pohle: Unser Erfolg basiert im Grunde auf drei Dingen: einer starken Einkaufsgemeinschaft, einem verlässlichen Kompetenznetzwerk und einem effektiven Marketingverbund. Von Anfang an war der Einkauf unsere Basis, aber wir haben unser Angebot stetig erweitert – zum Beispiel mit strategischer Beratung, innovativen Shop-Konzepten und einem effizienten Supply Chain Management. So helfen wir unseren Handelspartnern nicht nur mit dem richtigen Sortiment, sondern unterstützen sie auch mit Services, die sie im Wettbewerb voranbringen.
Besonders herausfordernd war es, die richtige Balance gewachsener Strukturen und notwendiger Agilität zu finden. Der Handel verändert sich ständig – durch die Digitalisierung, das veränderte Kaufverhalten der Kunden und neue Marktbedingungen. Unsere Antwort darauf: Wir bringen Menschen zusammen, ob auf unseren Hausmessen, bei ERFA-Tagungen oder durch strategische Partnerschaften – wir setzen auf Austausch und gemeinsames Wachstum.
Obwohl wir nach 100 Jahren Unternehmensgeschichte international agieren, liegt unser strategischer Fokus weiterhin auf den regional agierenden Fachhändlern. Gerade in Zeiten zunehmender Marktkonzentration ist es unser Ziel, diese zu stärken und ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich erfolgreich zu behaupten – zum Beispiel mit erfolgreichen Shop-Konzepten wie happybaby oder electroplus.
Letztlich ist unser wichtigster Erfolgsfaktor aber unsere Unternehmenskultur. Sie bestimmt, wie wir arbeiten, Entscheidungen treffen und mit unseren Partnern umgehen. Nur mit einer offenen, flexiblen und innovationsgetriebenen Haltung konnten wir diesen Wandel aktiv gestalten – und genau das wird uns auch in Zukunft erfolgreich machen.
Der Handel befindet sich in einem ständigen Wandel. Welche fundamentalen Veränderungen in den Marktbedingungen haben EK Retail in den letzten Jahrzehnten am meisten geprägt – und wie hat das Unternehmen darauf reagiert, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben?
André Babenhauserheide: Der Handel verändert sich ständig – getrieben durch neue Kundenbedürfnisse, die Digitalisierung und immer stärkeren Wettbewerbsdruck. Bei EK Retail haben wir diese Entwicklungen früh erkannt und uns kontinuierlich angepasst, um langfristig erfolgreich zu bleiben.
Unser Erfolgsrezept liegt in der Nähe zum Markt und einer engen Zusammenarbeit mit unseren Handelspartnern. Wir beobachten Trends genau, analysieren die Marktbedingungen und passen unsere Strategien aktiv an. Wichtig ist es, unser Profil kontinuierlich zu schärfen und den Mut zur Veränderung zu haben. Deshalb entwickeln wir unsere Konzepte stetig weiter, um den sich wandelnden Anforderungen des Handels gerecht zu werden.
Was uns besonders hilft, ist der Austausch innerhalb unserer Gruppe. Dadurch erkennen wir früh, wohin sich der Markt bewegt, und können von den Erfahrungen verschiedener Geschäftsfelder profitieren. So entstehen gezielte Lösungen, die echten Mehrwert bieten – sei es durch innovative Shop-Konzepte, strategische Beratung oder digitale Tools.
Alles in allem verstehen wir uns als Partner, der inspiriert, unterstützt und echten Nutzen stiftet. Unser Ziel ist es, dass unsere Mitglieder und Lieferanten auch in einem dynamischen Marktumfeld immer das Beste herausholen. Denn eins ist klar: Handel ist Wandel – und wir gestalten ihn aktiv mit.
Die genossenschaftliche Struktur von EK wird als Erfolgsfaktor gesehen. Welche konkreten Vorteile bietet dieses Modell den angeschlossenen Händlern heute noch, und gibt es Bereiche, in denen es Grenzen hat oder modernisiert werden muss?
JP: Unsere genossenschaftliche Struktur ist ein riesiger Vorteil, weil sie das Beste aus zwei Welten verbindet: die Stärke eines großen Netzwerks und die unternehmerische Freiheit jedes einzelnen Händlers. Unsere Mitglieder profitieren von attraktiven Einkaufskonditionen, professionellem Marketing, effizienten Logistiklösungen und einem starken Dienstleistungsangebot – alles darauf ausgelegt, sie im Wettbewerb nach vorne zu bringen.
Ein großer Vorteil ist die gemeinschaftliche Stärke: Während unabhängige Händler oft allein mit Herausforderungen kämpfen, bieten wir eine Plattform, die Wissen, Ressourcen und Innovationen bündelt. Durch den engen Austausch mit unseren Mitgliedern wissen wir genau, was sie brauchen, und entwickeln passgenaue Lösungen.
Natürlich müssen wir die genossenschaftlichen Strukturen trotzdem ständig weiterentwickeln. Gerade bei Entscheidungsprozessen ist es wichtig, dass sie schlank und effizient bleiben, damit wir in einem schnelllebigen Marktumfeld flexibel reagieren können.
EK Retail bezeichnet sich als „Kompetenz-Netzwerk“. Wie hat sich die Art der Zusammenarbeit zwischen Händlern, Industriepartnern und EK in den letzten Jahren verändert? Gibt es neue Formen der Kooperation, die besonders zukunftsweisend sind?
AB: Als Kompetenz-Netzwerk verstehen wir uns deshalb, weil wir auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen unseren Händlern, Industriepartnern und uns als Verbundgruppe setzen. In den letzten Jahren haben wir diese Kooperation noch weiter intensiviert, um den steigenden Anforderungen im Markt gerecht zu werden.
Ein zentraler Punkt ist die strukturierte Mitbestimmung. Unser Aufsichtsrat, in dem sowohl Handelspartner als auch externe Experten sitzen, berät den Vorstand strategisch. Besonders spannend ist die neu aufgestellte Vertreterversammlung – quasi unser „EK Parlament“. Hier sind Handelspartner aus allen Konzepten und Regionen vertreten, um gemeinsam wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.
Aber nicht nur auf strategischer Ebene passiert viel – auch im direkten Austausch mit den Händlern. Die Fachbeiräte in den einzelnen Konzeptgruppen spielen eine immer größere Rolle, weil sie nah am Markt sind und wichtige Impulse liefern. Und unsere ERFA-Gruppen sind inzwischen ein echtes Erfolgsmodell: Händler tauschen sich hier über ihre Erfahrungen aus, teilen Ideen und profitieren vom Wissen anderer – oft sogar über Branchengrenzen hinweg.
Besonders spannend sind auch die neuen Formen der Zusammenarbeit im Bereich Wissenstransfer. Mit Events wie den KIQ-Anwendertreffen oder speziellen Trainings für unsere Konzepte wie happybaby und electroplus unterstützen wir unsere Händler gezielt. Und natürlich sind auch unsere gemeinsamen Messen ein echtes Highlight. Die EK Fun Family-Ordermesse wird Jahr für Jahr erfolgreicher und zeigt, wie wichtig der persönliche Austausch für uns alle ist.
All das zeigt: EK Retail ist weit mehr als eine Einkaufskooperation. Wir sind eine dynamische Plattform für Innovation, Wissenstransfer und echten partnerschaftlichen Erfolg.
Der inhabergeführte Fachhandel steht unter wachsendem Druck durch Online-Giganten und vertikale Markenstores. Wie unterstützt EK Retail seine Mitglieder konkret, um im Wettbewerb bestehen zu können – und wo liegen die größten Herausforderungen?
AB: Unsere Aufgabe bei EK Retail ist es, unsere Mitglieder gezielt zu unterstützen, damit sie sich erfolgreich behaupten können. Und das funktioniert nur, wenn wir genau hinhören: Wir denken und handeln „Outside in“. Das bedeutet, dass wir nicht nur Leistungen entwickeln, sondern aktiv nachfragen, wo konkrete Unterstützung benötigt wird, und darauf abgestimmte Lösungen bereitstellen.
Ein entscheidender Punkt ist die klare Positionierung am Markt. Mit Konzepten wie happybaby kombinieren wir ein starkes Online- und Offline-Marketing, das die gesamte Customer Journey abdeckt. Das heißt: Wir holen den Kunden genau dort ab, wo er sich bewegt, sprechen ihn mit relevanten Angeboten an und bringen ihn gezielt in den stationären Handel. Und wenn er erstmal im Geschäft ist, sorgen wir dafür, dass er sich wohlfühlt, länger bleibt und gerne wiederkommt.
Digitale Strategien spielen dabei eine immer größere Rolle. Unsere Social-Media-Kampagnen in Zusammenarbeit mit starken Marken sind ein echter Frequenzbringer. Gleichzeitig setzen wir auf innovative Kundenbindungsmaßnahmen wie die mit der Warenwirtschaft verbundene neue WhatsApp-Kommunikation. Damit können Händler ihre Bestandskunden direkt ansprechen und gezielt auf die einzelnen Bedürfnisse mit aktuellen Aktionen oder Angeboten aufmerksam machen – persönlich und systemisch unkompliziert.
Aber auch Service macht den Unterschied. Exklusive Leistungen wie unsere Kinderwagen-Mobilitätsgarantie oder die Autositz-Sicherheitsgarantie zeigen, dass der stationäre Handel weit mehr bieten kann als nur ein Produkt. Ein weiteres Highlight ist unsere aktuelle Couponing-Aktion am POS – hier kombinieren wir attraktive Angebote mit echten Mehrwerten, um den direkten Kaufanreiz im Geschäft zu stärken.
Die größte Herausforderung bleibt, die richtige Balance zwischen digitaler Präsenz und stationärer Stärke zu finden. Unser Ziel ist es, unsere Händler mit innovativen Konzepten, professionellem Marketing und einzigartigen Serviceleistungen so auszustatten, dass sie nicht nur wettbewerbsfähig bleiben, sondern ihre Kunden langfristig begeistern.
Das Motto des Jubiläumsjahres lautet „People, Connection & Motion“. Wie wird sich EK Retail strukturell weiterentwickeln, um diesen Leitgedanken langfristig im Unternehmen zu verankern?
JP: EK Retail hat sich in den letzten 100 Jahren immer weiterentwickelt – und genau diese Dynamik wollen wir beibehalten. Unser Jubiläumsmotto People, Connection & Motion ist für uns mehr als nur ein Rückblick, es ist die Richtung für unsere Zukunft.
Was bedeutet das konkret? People steht für die Menschen, die unseren Erfolg ausmachen – unsere Händler, Partner und Mitarbeiter. Connection bedeutet, starke Netzwerke aufzubauen und den Austausch innerhalb der Branche zu fördern. Und Motion steht für Bewegung, also dafür, flexibel zu bleiben und den Wandel aktiv zu gestalten.
Um diese Werte langfristig zu verankern, werden wir unsere Zusammenarbeit mit Handelspartnern, der Industrie und Dienstleistern noch weiter intensivieren. Ein zentraler Baustein wird sein, unsere Community enger zu vernetzen – zum Beispiel durch den Ausbau unserer ERFA-Gruppen, neue Plattformen für den direkten Austausch oder Events, die frische Impulse für den Einzelhandel liefern. Gleichzeitig setzen wir verstärkt auf nachhaltige Wertschöpfungsmodelle, die unseren Händlern langfristige Wettbewerbsvorteile sichern.
2025 soll ein Jahr der Gemeinsamkeiten werden: Neben vielen Fachveranstaltungen und Branchenevents gibt es eine große Charity-Aktion, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht. Denn für uns bedeutet unternehmerischer Erfolg auch, Verantwortung zu übernehmen.
Kurz gesagt: Wir bleiben in Bewegung, verbinden Tradition mit Zukunft und sorgen dafür, dass EK Retail auch in den nächsten 100 Jahren ein starker Partner für den unabhängigen Einzelhandel bleibt.
Das Kampagnenjahr soll die Zukunft des Einzelhandels mitgestalten. Welche Innovationsfelder oder neuen Geschäftsmodelle sieht EK Retail als entscheidend für die nächsten fünf bis zehn Jahre?
JP: Der Einzelhandel wird sich weiterhin rasant verändern – und wir bei EK Retail wollen diesen Wandel nicht nur begleiten, sondern aktiv mitgestalten. Unser Motto Retail in Motion steht genau dafür: Wir warten nicht ab, sondern setzen Impulse und schaffen neue Chancen für unsere Handelspartner. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre sehen wir vor allem fünf große Themen, die den Einzelhandel prägen werden.
Erstens: Wir stärken gezielt unsere Spezialisten-Position in den Märkten und entwickeln unsere Marken- und Konzeptstrategien weiter. Ein Beispiel ist unser happybaby-Konzept, das stark wächst – 2025 begrüßen wir den 60. Partner in unserer Händlerfamilie. Gleichzeitig setzen wir auf strategische Kooperationen, etwa mit der vedes oder durch den Zusammenschluss mit BabyPlus, um Synergien zu nutzen und Wettbewerbsvorteile für unsere Mitglieder zu sichern.
Zweitens: EK Retail wird sich als führende Waren- und Orderplattform für den Handel etablieren. Das bedeutet, dass wir Einkaufsprozesse noch effizienter gestalten, die Sortimentssteuerung verbessern und digitale Lösungen bereitstellen, die den Händlern den Arbeitsalltag erleichtern.
Drittens: Daten sind der Schlüssel zu besserem Handel. Wir bauen unsere Rolle als zentrale Datenplattform weiter aus, damit unsere Händler mit smarten Analysen und innovativen Tools ihr Geschäft noch gezielter steuern, Kundenbedürfnisse besser verstehen und Marktpotenziale optimal nutzen können.
Viertens: Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Deshalb setzen wir ESG konsequent um – mit einer klaren Strategie, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, soziale Verantwortung zu übernehmen und nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern.
Fünftens: Der direkte Austausch und die enge Zusammenarbeit innerhalb unserer Community sind entscheidend. Wir bauen deshalb den Dialog zwischen unseren Händlern, Lieferanten und EK Retail weiter aus – durch ERFA-Gruppen, neue Plattformen und Events, die Impulse für die Zukunft des Einzelhandels setzen. Denn am Ende zählt vor allem eines: Gemeinsam sind wir stärker.
Mit dieser strategischen Ausrichtung stellen wir sicher, dass EK Retail und unsere Handelspartner auch in Zukunft erfolgreich bleiben – mit einem klaren Fokus auf Innovation, Kooperation und Nachhaltigkeit.