Branche: Schwarzer Zwerg für schwarze Schafe
Zum 49. Mal wird im Februar 2025 der Negativpreis „Plagiarius“ an Hersteller und Händler verliehen, die durch besonders dreiste Plagiate und Fälschungen aufgefallen sind. Mit diesem Schmähpreis, dessen Trophäe ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase ist, rückt der Verein Aktion Plagiarius die skrupellosen Geschäftsmethoden von Produkt- und Markenpiraten ins öffentliche Bewusstsein.
Mit der Auslobung der zweifelhaften Auszeichnung geht es auch um die Wertschätzung für geistiges Eigentum, das heißt für innovative und kreative Leistungen. Die soll beim Verbraucher gesteigert werden. Denn „Fälschungen bedeuten Job- und Umsatzverluste, Sicherheitsrisiken und Stillstand – Das Original steht für Vielfalt und Zukunft“, das ist die unmissverständliche Botschaft der Aktion Plagiarius an alle Verbraucher. Im nachfolgenden Interview erläutert Christine Lacroix, Geschäftsleitung des Vereins, wie wichtig dieser Negativpreis gerade in der heutigen Zeit ist.
Frau Lacroix, welche Bedeutung hat der „Plagiarius“ in Zeiten, in denen Billig-Shoppingplattformen wie Temu, Shein und Alibaba gerade auch für Spielwarenkunden immer interessanter werden?
„Too good to be true“ – Wenn Preise zu schön sind, um wahr zu sein, dann stimmt tatsächlich etwas nicht. Sei es, dass es sich wie bei den Plagiarius-Preisträgern um skrupellose, rechtsverletzende Nachahmungen, also den Diebstahl geistigen Eigentums handelt. Oder dass Billigprodukte, darunter auch Spielzeuge, nicht den europäischen Sicherheitsbestimmungen entsprechen, weil sie aus minderwertigen Materialien gefertigt sind und ohne Qualitäts- und Sicherheitskontrollen in den Markt gelangen. Bei Temu, Shein, Alibaba & Co. werden unter anderem sowohl minderwertige Fälschungen als auch unsichere Produkte angeboten. In beiden Fällen geht es nicht nur um unfaires Wettbewerbsverhalten, sondern auch um Gesundheitsrisiken, die billigend in Kauf genommen werden. Wie gefährlich das sein kann, zeigen die wiederholten Testkäufe vom TIE bei Temu & Co.: Verletzungsgefahr durch scharfe Kanten und brüchigen Kunststoff, lose Kleinteile, Grenzwerte, die um ein Vielfaches überschritten werden und mehr. Die Aktion Plagiarius möchte Verbraucher*innen schützen und warnen – und das scheint nötiger denn je: Gleiches Aussehen bedeutet nicht automatisch die gleiche Qualität, Leistungsfähigkeit und Sicherheit. Zuverlässigkeit hat ihren Preis.
Temu, Shein und Alibaba gehören übrigens zu den Plagiarius-Preisträgern. Unserer Ansicht nach reicht es nicht, nur nach Hinweis durch die Rechteinhaber oder nach Kundenreklamationen aktiv zu werden – die Plattformen stehen mit in der Verantwortung und müssen Angebote, bei denen Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten werden, unterbinden oder selbst haften.
Wenn man sich den 2. und 3. Platz des Wettbewerbs im vergangenen Jahr ansieht (ein VW-Käfer-Bauset von Lego beziehungsweise eine Holzmurmelbahn von Cuboro), kommt man ins Staunen: Original und Fälschung sind kaum voneinander zu unterscheiden! Woran liegt es, dass viele der Fälschungen immer besser werden?
Erfahrung und Know-how der Fälscher haben über die Jahre zugenommen, und auch die technischen Möglichkeiten der Reproduktion wurden verbessert. Wir unterscheiden zwischen einfallslosen Nachahmern, die keine eigenen Ideen haben und deshalb das Original so gut es geht nachahmen. Und andererseits skrupellosen, profitgierigen Fälschern, die gefährlich-billige Produkte vertreiben – hier gilt nach wie vor „mehr Schein als Sein“. Diese Fakes sehen dem Original nur auf den ersten Blick zum Verwechseln ähnlich, es lauern versteckte Gefahren im Inneren, wie zu hohe Schadstoffbelastungen, giftige Farben, geringe Stabilität und Lebensdauer. Billige Räder am Bagger laufen nicht gut oder brechen ab und vermiesen schnell das Spielvergnügen.
Welche wirksamen Möglichkeiten sehen Sie, um Verbraucherinnen und Verbraucher für Produktfälschungen zu sensibilisieren? Gerade in der Spielware ist dies doch besonders wichtig.
Wir setzen auf praxisnahe Aufklärung und Sensibilisierung, das gilt für Kinder ebenso wie für Erwachsene und Eltern. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten spielt der Preis eine große Rolle, so dass es Fälscher und Billigplattformen leicht haben. Über die Medien sowie im persönlichen Austausch im Museum Plagiarius oder bei Events erläutern wir Erkennungsmerkmale, Qualitätsunterschiede und versteckte Risiken ebenso wie die miserablen Herstellungsbedingungen und die teils kriminellen Strukturen hinter Fakes. Und versuchen dabei das Prinzip „geistiges Eigentum“ zu vermitteln – das Original steht für Vielfalt und Fortschritt, die Fälschung für Stillstand. Eltern erreicht man über Sicherheitsrisiken – die Jugendlichen mit Sicherheit besser über Influencer, die sich fürs Original stark machen. Dupe Influencer sind definitiv die falschen Vorbilder.