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Branche – Es gibt viel zu tun

28. Januar 2022, 15:41

Im Juli 2020 ging die Fair Toys Organisation e.V. an den Start. Die als Multistakeholder-Initiative gegründete Organsisation hat Mitglieder aus der Spielwarenbranche und der Zivilgesellschaft und ein Ziel: die Entwicklung und Vergabe eines Siegels. Über die Arbeit der FTO sprach Sibylle Dorndorf mit dem Mitarbeiter der FTO-Geschäftsstelle Steffen Kircher.

Herr Kircher, die Fair Toys Organisation wurde vor eineinhalb Jahren gegründet. Sind Sie mit dem zufrieden, was Sie bis jetzt erreicht haben?
Wir haben bisher viel erreicht und gleichzeitig haben wir noch viel Arbeit vor uns. Die ersten eineinhalb Jahre waren sehr intensiv und arbeitsreich und der Verein ist nicht nur an Mitgliedern gewachsen (aktuell 27 Mitglieder), sondern auch dank unserer engagierten Mitglieder konnte auch vieles auf den Weg gebracht und einige wichtige Meilensteine erreicht werden. Gleichwohl ist noch viel Wegstrecke zu einer transparenten Kontrollinstanz für die Einhaltung und Verbesserung von sozialen und ökologischen Standards in den Lieferketten der Spielzeugindustrie zu gehen.

Wie finanziert sich die Fair Toys Organisation?
Wir werden vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz BMZ, gefördert und unterstützt. Seit März 2021 finanziert das BMZ zwei Personalstellen, mit einer Förderlaufzeit vorerst mal bis 2024.

Und Mitgliedsbeiträge?
Durch die Förderung vom BMZ sind die Mitgliedsbeiträge in den ersten zwei Jahren sehr niederschwellig und nach Unternehmensumsatz gestaffelt. Im Jahr 2022 gelten gestaffelte Beitragssätze zwischen 250 Euro und 1.000 Euro für Hersteller und 250 Euro für Händler. Ab 2023 steigen die Beiträge basierend auf dem Umsatz mit Spielzeug.

Steffen Kircher ist Ansprechpartner der FTO in der Geschäftsstelle Nürnberg

Was müssen Mitgliedsfirmen „mitbringen“?
Da wir kein einzelnes Produktsiegel, sondern ein Unternehmenssiegel vergeben, betrachten wir das Unternehmen als Ganzes. Das heißt die Unternehmen sollen sowohl ein Engagement in der Sache als auch den Willen haben, an der Verbesserung der Sozialen Arbeitsstandards in Produktion sowie einer menschenrechtlichen Sorgfalt im gesamten Unternehmen aktiv mitzuarbeiten.

Sie hatten in diesem Jahr geplant das erste Mal auf der Spielwarenmesse mit einem Stand vertreten zu sein. Leider findet die Messe corona-bedingt nicht in Präsenz statt. Kann man die FTO im Rahmen der Spielwarenmesse Digital treffen?
Ja, denn das Messe-Schwerpunktthema „Toys Go Green“ wird auch digital erlebbar sein. Wir sind auf der Sonderfläche mit einer digitalen Themenwand vertreten und diese Themeninsel steht auch als PDF-Download zur Verfügung. Zudem ist die FTO im Rahmen des Toy Business Forums, welches auch online stattfindet, mit einem Vortrag „Gemeinsam in Richtung faires und umweltverträgliches Spielzeug“ präsent. Die Vortragenden sind unsere Mitglieder Christian Krömer, ein Spielwarenfachhändler mit 24 Geschäften in Bayern, und Axel Gottstein, Inhaber und Geschäftsführer von sigikid und eines unserer Gründungsmitglieder. Die Zugangsdaten für den Online-Vortrag finden Sie auf der Messehomepage.

Planen Sie im Rahmen der Spielwarenmesse Digital weitere Veranstaltungen?
Wir planen am 02.02.2022 um 19 Uhr eine digitale Veranstaltung mit einer Podiumsdiskussion zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (mehr Informationen und Zugangsdaten unter www.fair-toys.org). Referentin wird unter anderem die Bundestagsabgeordnete Dr. Bärbel Kofler sein, parlamentarische Staatssekretärin im BMZ. Wir wollen das im Jahr 2023 kommende Gesetz näher beleuchten und die Chancen, die dieses Gesetz mit sich bringt, diskutieren. Eingeladen sind Unternehmen, Zivilgesellschaften, aber natürlich auch Interessierte aus dem Handel und Verbraucher.

Lieferketten sind d a s Reizwort in diesen Tagen …
Ja. Wir sehen in der Pandemie, wie fragil die Lieferketten sind. Uns geht es aber um noch mehr. Wir möchten die Risiken und Herausforderungen der Lieferketten darstellen. Wir erleben ja gerade in der Branche, dass doch einige Unternehmen ihre Lieferketten neu durchdenken, überprüfen und sogar über Produktionsverlagerungen nachdenken. Hier wollen wir helfen, aufklären, beraten.

Das ist doch schon eine sehr konzertierte Aktion, die Sie zum Start in das neue Jahr planen. Haben Sie keine Sorge, dass die Aufmerksamkeit, die die FTO da sicher generiert, schnell wieder verpufft?
Das ist ja nicht alles, was wir 2022 planen. Wir wollen mit weiteren Veranstaltungen während des Jahres über fair und nachhaltig produzierte Spielwaren informieren und wir bieten auch Schulungen für unsere Mitgliedsunternehmen an. Beispielsweise wie menschrenrechtliche Sorgfaltsplicht im Unternehmen umgesetzt werden kann. Wir werden verschiedene Referenten dazu einladen und hoffen auf eine hohe Resonanz und Nachfrage.

Das FTO-Prinzip
Transparenz und Glaubwürdigkeit dank Multi-Stakeholder-Ansatz,

Das dürfte klappen, denn das Thema ist ja keine Eintagsfliege, im Gegenteil …
Das ist richtig. Natürlich profitieren wir auch vom „Greta-Effekt“. Und auch Corona hat den bewussten Konsum bei mehr Verbrauchern in den Fokus gestellt. Wir waren und sind alle gezwungen worden, innezuhalten und das hat doch so manchen ins Nachdenken gebracht. Durch die Lockdowns wurde uns ein etwas bewussterer Konsum verordnet. Weniger Wegwerfware, stattdessen mehr Qualität. Ich würde mir wünschen, dass davon etwas bleibt.

Was ist denn Ihr Langfristziel? Wo wollen Sie mit der FTO hin?
Unser langfristiges Ziel ist zunächst ein eigenes, glaubwürdiges Qualitätssiegel.

Oh, noch ein Siegel …
Ja, ich weiß, es gibt schon einige davon. Und die Verbraucher sind auch verunsichert, wissen nicht immer, was die einzelnen Siegel bedeuten, ob sie überhaupt eine Aussagekraft haben oder mehr oder weniger nur Marketinggags sind. Für die Spielwarenbranche wäre aber ein aussagekräftiges und glaubwürdiges Siegel ein wirklicher Quantensprung.

Kriterien der Unternehmensverantwortung: der FTO-Kodex

Was soll dieses Siegel über ein Produkt aussagen?
Es soll bestätigen, dass das Produkt von einer Firma hergestellt wurde, die wirksame Maßnahmen ergriffen hat, ihre Produkte sozialverträglich und umweltbewusst herzustellen. Dabei soll es weit mehr sein als nur eine Kontrollinstanz. Bei der Vergabe des Siegels sollen Strukturen und unternehmerisches Handeln ebenso berücksichtigt werden wie bestehende Audits, wir wollen ein Netzwerk zu Partnerländern aufbauen und damit eine seriöse Aussage für Handel und Verbraucher treffen. Siegel sind Orientierungshilfen für den Kauf von Waren. Da sollte der Konsument sich sicher sein können, dass er keine Mogelpackung erwirbt.

Gibt es ein solches Siegel in anderen Branchen?
Ja, im Textilbereich gibt es das Siegel der „Fair Wear Foundation“, kurz FWF. Es wird von einer Stiftung vergeben und hat ebenfalls den Ansatz, das gesamte Unternehmen und nicht einzelne Produkte zu betrachten.

Wann soll es das Siegel der FTO geben?
Wenn alles klappt, soll schon im Jahr 2023 für die ersten Unternehmen ein Siegel vergeben werden.