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Branche – 65 Jahre spiel gut – eine Zeitreise

31. Januar 2020, 11:27

Spielzeug spiegelt im Kleinen, was es in der Erwachsenenwelt gibt. Seit nunmehr 65 Jahren setzt sich der spiel gut-Arbeitsausschuss Kinderspiel und Spielzeug e.V. mit den Neuerungen auseinander und prüft, was für die kindliche Entwicklung sinnvoll ist und was nicht. Das spiel gut-Siegel ist Garant für qualitativ gutes und hochwertiges Spielzeug. Begonnen hat alles im November 1954 mit der Ausstellung „Gutes Spielzeug“ im Ulmer Museum.

Das Schöne sollte auch das Gute sein, das war das Motto bei der Auswahl der Spielsachen für die erste spiel gut-Ausstellung in Ulm. Qualität spielte eine große Rolle, wie zum Beispiel bei den Limousinchen von Dusyma, die es heute noch gibt. Deren Form entspricht nach wie vor dem 50er Jahre-Stil, ebenso wie das Steckmosaik, und erinnert heutige Großeltern an ihre Kindertage. Auch die Handspieltiere von Sievers-Hahn gehörten zu den ersten, die ausgezeichnet wurden.
Da damals die qualitativ hochwertigen Spielzeuge meistens aus Holz bestanden, war auch die Mehrheit der mit spiel gut ausgezeichneten Spielsachen aus Holz. Ein Umstand, der den Verein bis heute mit Holzspielzeug in Verbindung bringt. Dabei stand das Material gar nicht im Vordergrund, es musste nur sinnvoll für den Spielzweck sein. So gehörten auch der Original Steiff Teddy, die Kunststoff-Baubecher von fisherprice, die Stockmar Wachsfarben in einer Blechschachtel und die Erna Meyer Biegepüppchen zu den mit spiel gut- Ausgezeichneten. Nicht zu vergessen das Tipp Kick Fußballspiel von Mieg, das mit der gewonnenen Fußball WM 1954 einen Boom erlebte, „Mensch ärgere dich nicht“ von Schmidt-Spiele und das Malefizspiel von Ravensburger. Alle diese Produkte sind heute noch erhältlich. Doch wieso gibt es diese Spielzeuge und Spiele heute noch? Bei den Limousinchen ist es die stark reduzierte Grundform, die die Zeit überdauert hat, Baubecher und Wachsmalstifte gehören zu den Basisspielsachen und die Biegepüppchen und das Fußballspiel wurden dem Zeitgeist immer wieder angepasst. Das gilt auch für Gesellschaftsspiele.

Mitte der 50er Jahre wurde die erste Märklin H0 Eisenbahn ausgezeichnet, die es in dieser Form heute nicht mehr gibt, da sich die Technik natürlich weiterentwickelt hat. Lego Steine wurden schon in der ersten Ausstellung 1954 gezeigt, der „Große Zug mit Motor“ von Lego Technik erhielt 1966 eine Urkunde. Vom Spielwarenmarkt einige Zeit verschwunden war der Elektro-Modellherd von Heiliger, dessen Modelle von 1956 bis 1994 immer wieder mit spiel gut ausgezeichnet wurden. Ausschlaggebend für das Verschwinden vom Markt war schließlich die EU-Richtlinie für Spielzeugsicherheit. Inzwischen gibt es ihn aber wieder bei nicotoys.
Ebenfalls zu den Pionieren gehörten die Käthe Kruse Puppen, deren nachfolgende Puppengenerationen bis 2005 überzeugten. Dann allerdings wurde kein Spielzeug aus PVC mehr mit spiel gut auszgezeichnet. Eine Alternative dazu waren die Krahmer-Puppen „Kuck in die Welt“ mit ihrem fein geschnitzten Holzkopf, die 1956 die spiel gut-Auszeichnung erhielten. Heute sind dies Sammlerpuppen. Wie bei manch anderen Produkten hängt dies mit der Pflicht der CE-Kennzeichnung, die 1991 eingeführt wurde, zusammen. Ganz vom Markt verschwunden sind die Sasha Morgenthaler Puppen, sie sind nur noch gebraucht erhältlich. Diese Stehpuppe überzeugte das spiel gut-Gremium in den 60er Jahren und wurde von der Firma Götz bis in die 90er Jahre produziert. Nie bekommen hat die spiel gut-Auszeichnung Barbie, die berühmteste Stehpuppe aus den 60er Jahren. Die mit der Puppe transportierten Werte wie das Schönheitsideal und Luxus waren und sind für den Arbeitsausschuss inakzeptabel.

Seit 1954 werden Produkte, die für die kindliche Entwicklung sinnvoll sind, Kinder zum Spielen anregen und das Spiel lebendig halten, mit dem spiel gut-Siegel ausgezeichnet

Auch von Anfang an dabei war die Holzeisenbahn von Micki Leksaker, die es leider nicht mehr gibt, Produkte von Brio wurden ebenfalls erstmals in den 60er Jahren ausgezeichnet. Neben der Holzeisenbahn war es das Labyrinth, das heute immer noch auf dem Markt ist. Die Entwicklung der Brio-Bahn zu einer Holzeisenbahn mit Kunststoff-Elementen hat spiel gut mitgetragen. Die Kombination aus Holz und Kunststoff wurde akzeptiert, weil die Ausführung besser funktioniert, und auch klar war, dass dies in der Herstellung einfacher und kostengünstiger ist. Heute besteht die Brio „Holzeisenbahn“ fast mehr aus Kunststoffteilen als aus Holz, da Details in Kunststoff einfacher umzusetzen sind. Diese Neuerungen wurden ebenso mit spiel gut ausgezeichnet wie später die Batterie-Loks oder aktuell die Serie smart Tech, mit der die gute alte Holzeisenbahn jetzt das digitale Zeitalter erreicht hat. Mitte der 60er erhielten die Ente von Haba, der Strickkönig von Holz-Hoerz und der Krocketwagen von kibri (jetzt Viessmann) Auszeichnungen.
Lange Zeit ist die Auszeichnung spiel gut oft an ganze Serien oder Spiel-Systeme vergeben worden. Da aber nicht immer alle Produkte einer Serie die spiel gut-Kriterien erfüllten, wurden die Auszeichnungen schließlich auch für einzelne Artikel-Nummern vergeben. Gibt es die Produkte beispielsweise auch in anderen Farben, erhält der Hersteller eine sogenannte „Mitauszeichnung“.
Mitte der 70er Jahre brachte die Firma geobra Playmobil auf den Markt. Die kleinen Männchen wurden sofort spiel gut ausgezeichnet, da man das Zubehör als fantasieanregend und spielbereichernd angesehen hat. Mittlerweile gibt es auch von anderen Firmen ganze Spielewelten, die mit ihrem Überangebot die Fantasie alledings eher ersticken.
In den 80er und 90er Jahren begeisterten sich Kinder immer mehr für modellgetreue Nachbildungen und Fahrzeuge von Bruder oder siku, deren Produkte aufgrund ihrer Modelltreue und der guten Qualität die spiel gut-Auszeichnung bekamen. Das traf auch auf den MBTrac von rolly toys zu. Wie sich Konstruktionsmaterial in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat und Kinder spielerisch in die Welt von Elektromechanik, Computing, Pneumatik, Solartechnik und Robotics einführt, zeigen die ab 1982 ausgezeichneten Produkte von fischertechnik. Und welchen Boom Laufräder auslösen würden, war noch nicht klar, als 1998 das erste Laufrad von Kokua ausgezeichnet wurde. Mittlerweile gibt es in den Familien kaum noch Kaufläden oder Kasperletheater, in vielen Gärten aber steht ein Trampolin. Ein solches von springfree hat spiel gut 2018 ausgezeichnet.
Mit dieser kleinen Zeitreise durch die Welt der in den vergangenen 65 Jahren ausgezeichneten Spielzeuge wird klar, dass spiel gut seinen Auftrag sehr ernst genommen hat und sich immer treu geblieben ist. Nicht die spektakulären und allerneuesten Spielzeugentwicklungen wurden ausgezeichnet, sondern die Produkte, die zum Spielen anregen, die Erwartungen der Kinder erfüllen und das Spiel immer lebendig halten.