Anzeige

Better together: der DVSI Nachhaltigkeitstag

26. Juli 2023, 13:54

Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit seinen 17 Nachhaltigkeitszielen und 169 Unterzielen gehören zu einem globalen Plan zur Förderung des nachhaltigen Friedens und Wohlstands sowie zum Schutz unseres Planeten. Die Nachhaltigkeitsziele haben seit ihrer Verabschiedung 2015 nicht nur in der Politik an Bedeutung gewonnen, sondern prägen auch immer stärker den gesellschaftlichen Diskurs.
Auch die Spielwarenbranche ist sich ihrer Verantwortung für die kommenden Generationen bewusst und der DVSI unterstützt seine Mitglieder im Bereich der Nachhaltigkeit. So veranstaltete der Spielwarenverband am 24. Mai zum zweiten Mal den DVSI Nachhaltigkeitstag in Nürnberg.

Zahlreiche Unternehmen folgten dem Ruf des Verbandes, sich miteinander auszutauschen und dem Bühnenprogramm zu folgen. Dieses war so facettenreich wie das Thema Nachhaltigkeit selbst.

Nachhaltigkeit beginnt vor Ort

Als Spielzeugstadt sieht sich die Stadt mit Metropolregion Nürnberg in besonderer Verantwortung gegenüber unserer Branche. Schließlich sind hier nicht nur zahlreiche Unternehmen beheimatet, sondern auch der veranstaltende DVSI und die Spielwarenmesse. Welche Aktivitäten die Wirtschaftsförderung Nürnberg im Bereich Nachhaltigkeit unternimmt, erläuterte Karin Forster. In ihrem Vortrag fand besondere Erwähnung, dass Nürnberg sich mit mehreren Projekten rund um das Thema Wasserstoff technologisch sehr weit vorne sieht. Auch die wirtschaftspolitische Strategie, Nürnberg als „Startup City“ zu begreifen klingt für junge Unternehmen – auch aus der Spielwarenbranche – vielversprechend.
Ein wenig greifbarer für anwesende Vertreter der Branche waren dann die Ausführungen von Julia Gräber, Vorstand der Vedes AG, die Ist- und Wunsch-Status der Vedes Gruppe erläuterte: Besoderer Augenmerk gilt hier den Handlungsfeldern Ressourcen- & Energieeffizienz, Gesellschaft & Mitarbeitende sowie Partnerschaften, in denen sich das Unternehmen Ziele setzt. Im ersten Feld möchte Vedes dazu beitragen, die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kosten zu senken, um zukünftiges Wirtschaften zu ermöglichen. Das zweite selbst gesteckte Ziel hat eher Innenwirkung und stellt gut ausgebildete, gesunde und motivierte Mitarbeiter*innen in den Fokus. Damit einhergehend ist auch die Selbstverpflichtung, ein soziales und gesundes Miteinander zu pflegen. Darüber hinaus nimmt die Vedes aber auch die Zulieferbetriebe und Partner in die Pflicht: Auch diese müssen die Einhaltung sozialer und ökologischer Grundsätze gewährleisten. Das dritte Ziel braucht für einen Verband wohl wenig Erklärung, da partnerschaftliche Zusammenarbeit im Wesenskern der Vedes liegt.

Patric Kügel, Steffen Kircher von der Fair Toys Organisation e.V.

Nachhaltigkeit braucht Regeln

Wie bereits beim ersten Nachhaltigkeitstag brachte Dr. Renke Deckarm den aktuellen Status von Richtlinien und Verordnungen der EU mit. Vor allem der Status der Novellierung der Spielzeugverordnung und die Hürden und Gründe der Verzögerung wurden erläutert. Neuer Termin für eine Entwurfsvorlage ist derzeit Mitte Juli. Auf Nachfrage versprach Deckarm, auch die neuen Recyclinghinweise, die neuerdings für einige EU-Länder individuell auf Verpackungen aufgebracht werden müssen, mit in die EU-Gremien zu nehmen. Denn der Status quo ist aufgrund der Komplexität, der Größe der notwendigen Aufdrucke und der undurchsichtigen Struktur vielen Herstellern ein Dorn im Auge. Auch ein faires Miteinander im Herstellungs- und Handelsprozess gehört zu den Zielen nachhaltigen Handelns. So ist es nur folgerichtig, dass die Fair Toys Organisation (FTO) sich auf dem Nachhaltigkeitstag vorstellte. Die im Verein organisierten Mitglieder verpflichten sich, transparent und konsequent soziale Standards umzusetzen. Sowohl im eigenen Unternehmen als auch in der Lieferkette. Der jüngste Schritt der FTO ist das Einführen eines entsprechendes Siegel, welches den bereits erreichten Status auf Produkten zeigt. Angesichts zahlreicher teils für Verbraucher*innen unbekannter Siegel stieß dieses Vorhaben allerdings auf geteiltes Echo. „Nach Ziele setzen kommt Ziele umsetzen“ stellte Janna Hoppmann von Climate Mind fest. In fünf Schritten erläuterte sie die Psychologie der Nachhaltigkeit. Dabei zeigte sie Motivatoren, um aus unternehmerischen Zielen und Visionen konkrete Schritte der Umsetzung zu gehen – und diese schließlich am Markt zu etablieren. Denn „Maßnahmen zum Klimaschutz“, so Hoppmann, „sind nur dann erfolgreich, wenn sie von der breiten Bevölkerung akzeptiert sind“.

Der zweite DVSI Nachhaltigkeitstag fand in der Eventlocation Parks in Nürnberg statt und brachte verschiedenste Akteuere der Spielwarenbranche und darüber hinaus zusammen.
Julia Gräber sprach über Nachhaltigkeit bei Vedes

Nachhaltigkeit braucht Wege

Eine der größten Herausforderungen unserer Industrie ist wohl der Umgang mit den Materilaien, die wir für neue Spielzeuge verwenden. Bis dato sind diese nahezu ausschließlich aus „virgin plastic“, also neuen Materialien – und hier zumeist erdölbasiert. Doch die Forschung an neuen Materialien läuft auf Hochtouren, und auch Rezyklate rücken immer weiter in den Fokus. Jedoch ist gerade unsere Industrie sehr herausfordernd, was Qualitäts- und Sicherheitsansprüche an Materialien angeht. Fridolin Pflüger von HolyPoly zeigte nicht nur die Vision von kreislauffähigen Kunststoffen in jedem Bereich der Verbrauchsgüter, sondern auch konkrete Projekte, an denen die Agentur mit Herstellern wie Mattel oder Mapa (NUK) bereits erfolgreich arbeitete. Der Lebenszyklus der Produkte, die in Babyartikel- und Spielwarenbranche hergestellt werden, ist kurz. Hersteller haben daher die Motivation, das hochwertige Material wieder in den Kreislauf zu bringen. Noch sind es Versuchsreihen und Modellprojekte – die hoffentlich bald wirtschaftlich skalierbar sind.
Ähnliche Erfahrung machten auch Zentek Services, die gemeinsam mit Heunec und dem DVSI unlängst eine Spielwaren-Rücknahmestation auf einem Recyclinghof installierten. „Auf Wiedersehen“ hieß die Aktion, und diente dazu, Erkenntnisse über den Zustand und die Materialzusammensetzung zurückgebrachter Spielwaren zu erlangen. Die genaue Auswertung des Projektes steht noch aus – doch es scheint bereits jetzt klar: Sofern es etablierte und breit ausgerollte Rücknahmesysteme gibt, könnten sich wirtschaftlich relevante Verwertungen ergeben. Von Reparatur und Zweitmarkt bis hin zur Rezyklierung. Die Hürden da hin allerdings sind groß. Denn Spielzeug-Plastik ist nicht gleich Spielzeug-Plastik: Die Materialien sind extrem vielfältig – und für neue Spielwaren häufig aus chemischen und sicherheitstechnischen Gründen nicht mehr verwendbar. Hier steckt noch ein langer Weg in Forschung, Mut und zunächst wohl wenig wirtschaftlichem Ehrgeiz.

Nachhaltigkeit braucht Allianzen

Die vielen Aspekte der Nachhaltigkeit zeigen: Es ist schwer, als kleines oder mittleres Unternehmen Schritt zu halten und den individuellen Weg zu beschreiten. Diese Bemühungen binden Manpower und Geld. Gemeinsam mit dem DVSI konzipiert die little big things GmbH derzeit einen „Kompetenzcluster Nachhaltigkeit“, der unterschiedliche Branchen-Akteure zusammenbringen soll. Denn gemeinsam – und das stand wohl als Credo unter vielen der gehörten Vorträge – schafft man mehr. Nicht jedes Unternehmen muss die gleichen Schritte und Fehltritte gehen. Nicht jedes Unternehmen muss eigene Materialien sourcen oder Testreihen fahren. All das – und auch das Aneignen von spielwarenrelevantem Wissen – ist einfacher als Team. Der Kompetenzcluster soll daher die individuellen Bedürfnisse der Unternehmen aufnehmen, strukturieren und in konkrete Projekte münden lassen. Seien es Themen wie CO2-Bilanzierung oder Materialkreisläufe. Seien es alternative Materialien oder die Art, Konsument*innen für die Attraktivität recycelter Kunststoffe zu begeistern.

Maren Esser und Achim Gibson von der Zentek Services GmbH & Co. KG stellten ihr Projekt „Auf Wiedersehen“ vor.

Nachhaltigkeit hat Zukunft

Hat der Nachhaltigkeitstag also nachhaltig etwas bewegt? Das zu beantworten ist wohl müßig. Und dennoch: Es ist gut und wichtig, bei Veranstaltungen wie dieser Flagge zu zeigen, zu sehen, dass man eben keine Einzelkämpfer*in ist, Allianzen zu bilden und gemeinsam zu sehen, wie die Branche in Sachen Nachhaltigkeit nach vorne gebracht werden kann. Es ist der stete Tropfen, der den Stein höhlt. Das Thema Nachhaltigkeit wird uns noch sehr lange sehr stark beschäftigen. Unternehmen, die sich noch nicht auf den Weg gemacht haben, ihren ökologischen Impact kritisch zu hinterfragen, werden schon bald das Nachsehen haben, zumal entsprechende Regulierungen nicht lange auf sich warten lassen.

dvsi.de