Anzeige

Behind the Scene: NürnbergMesse – Die Lagerfeuer brennen wieder

14. Januar 2023, 12:20

2021 mussten pandemiebedingt weltweit zwei von drei Messen abgesagt oder verschoben werden. Kaum können die Messeveranstalter wieder durchatmen, kommen neue Herausforderungen auf sie zu. Steigende Energiekosten sind nur eine davon. Im Gespräch mit den CEOs der NürnbergMesse, Peter Ottmann und Prof. Dr. Roland Fleck, erfuhr Sibylle Dorndorf, auf welches Zukunftsszenario sich die beiden Geschäftsführer einstellen.

Das Messegelände hat eine große Bedeutung für den internationalen Messeplatz Nürnberg: Das internationale Veranstaltungsprogramm der NürnbergMesse Group umfasst heute rund 170 Fachmessen, Verbraucherausstellungen und Kongresse, die jährlich von mehr als 1,3 Millionen Menschen besucht werden. Auf dem Messegelände stehen über 170.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche und rund 50.000 Quadratmeter Freigelände zur Verfügung
Peter Ottmann ist seit 2011 CEO der NürnbergMesse Group und seit 2020 erster stellvertretender Vorsitzender des AUMA Peter Ottmann has been CEO a NürnbergMesse Group since 2011 and since 2020 the first deputy chairperson of the Association of the German Trade Fair Industry (AUMA)
(Foto: NürnbergMesse/Ralf Rödel)

Herr Ottmann, Herr Prof. Dr. Fleck, das letzte Mal sprachen wir uns Ende des Jahres 2019. Damals war die Welt noch in Ordnung. Sie verkündeten für das Geschäftsjahr 2018 315,1 Millionen Euro Umsatz und einen Gewinn von 28 Millionen Euro, dazu großartige Veranstaltungsrekorde. Die Spielwarenmesse 2020 fand statt und obschon kurz vor Beginn der Veranstaltung die ersten Meldungen über ein neues Virus die Runde machten, konnte keiner ahnen, dass Corona unser ganzes Leben auf den Kopf stellen würde.
Wie steht es jetzt um die Finanzen der NürnbergMesse?

Die durch die pandemiebedingten Einschränkungen und Veranstaltungsverbote deutlich reduzierten Veranstaltungskennzahlen wirkten sich natürlich direkt auf unsere Finanzkennzahlen aus. Die geringere Anzahl an Live-Events in Präsenz, Ausstellern und Besuchern im Jahr 2021 spiegelten sich im Umsatz wider: Mit 68,3 Millionen Euro lagen wir 2021 nochmal ein gutes Stück unter dem Niveau des ersten Corona-Jahres 2020 mit 110,3 Millionen Euro Umsatz und deutlich unter dem Vergleichsjahr 2019 vor Corona mit 285,7 Millionen Euro Umsatz.
Nach dem Restart unserer Veranstaltungen im Frühjahr und einem heißen Messesommer 2022 rechnen wir mit einem Umsatzsprung auf über 200 Millionen Euro im laufenden Jahr und gehen auch davon aus, dass sich unser Ergebnis weiter verbessern wird.

Wenn Sie die Zeit der Pandemie verschlagworten müssten, welche drei Begriffe fallen Ihnen jeweils ein?
Schockfrost, Digitalisierungsschub und Wiedersehensfreude. Dieser Dreiklang beschreibt die emotionale Achterbahnfahrt, die wir seit der Corona-Pandemie als Messegesellschaft erfahren haben. Nach dem Veranstaltungsverbot 2020, mit dem unser Geschäft quasi schockgefrostet wurde, haben wir einen Digitalisierungsschub bei der NürnbergMesse gestartet. In rasantem Tempo haben wir unser Kerngeschäft selektiv transformiert und neue digitale Angebote für unsere Kunden geschaffen. Ziel war es, unseren Kunden so schnell wie möglich digitale Alternativen zu unseren Präsenzmessen zu bieten, sodass sie auch während dieser wirtschaftlich schweren Zeit den Anschluss zu ihren Märkten nicht verlieren.
Bei diesem Transformationsprozess, der weiter anhält, haben wir als Messegesellschaft neue Kompetenzen aufgebaut und unser Portfolio bereits im Frühsommer 2020 mit digitalen Events erweitert. Dabei sind auch Stellen bei uns im Unternehmen entstanden, die es vor Corona bei keiner Messegesellschaft gab. Bereits im Herbst 2021 herrschte dann die pure Wiedersehensfreude in unseren Hallen. Bei der Fachpack 2021 im September konnten sich endlich wieder Aussteller und Besucher live im Messezentrum begegnen. Entsprechend emotional waren die Restart-Veranstaltungen in Nürnberg, in Athen und in São Paulo. Nach einer erneuten, durch den Infektionsverlauf in Deutschland erzwungenen Zwangspause in den Wintermonaten 2022 konnte unser Veranstaltungsjahr 2022 erst im März beginnen. Erstmals fanden unsere Messen erst ab den Frühjahrs- und Sommermonaten statt. Auch diese außergewöhnlichen Termine hat die Mehrheit unserer Aussteller und Besucher professionell mitgetragen und damit ein deutliches Ausrufezeichen hinter das Geschäftsmodell Messe gesetzt.

Prof. Dr. Roland Fleck ist ebenfalls seit 2011 CEO der NürnbergMesse Group und seit 2022 Honorar-Professor an der Hochschule Mittweida in Sachsen
(Foto: NürnbergMesse/Ralf Rödel)

Sie veranstalten Messen für ganz unterschiedliche Branchen. Welche Branche hat am meisten gelitten und damit welche Ihrer Messen und wo konnte die Pandemie eher wenig Schaden anrichten?
Kaum eine Branche blieb von den Problemen durch die Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine unbeeinflusst. Die Unterbrechung der Lieferketten, der Rohstoffmangel und die steigenden Materialpreise während der Corona-Pandemie sowie die hohen Energiepreise, Versorgungsunsicherheiten und der Fachkräftemangel wirken sich in unterschiedlicher Intensität auf jede Branche unserer Messen aus.
Gleichzeitig gibt es Messethemen in unserem Portfolio, deren Relevanz in den aktuellen Krisen weiter zunahm. So haben viele Privatleute während der Corona-Pandemie ins Eigenheim, in den eigenen Garten oder in ihre Haustiere investiert. Davon profitierten die Branchen der GaLaBau und der Interzoo. Und auch der Sozialsektor erhielt in der Corona-Pandemie mehr Aufmerksamkeit, was auf Messen wie der ConSozial sichtbar wurde.
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine rücken vermehrt Sicherheitsthemen in den Fokus. Dabei geht es um den Schutz unserer Daten wie bei der Cybersecurity-Messe it-sa, um den Schutz von Anlagen wie bei der Perimeter Protection und natürlich auch um die Ausstattung unserer Sicherheitskräfte wie bei der Enforce Tac.
Die Frage nach der Versorgungssicherheit mit Energie und die Diskussion um Wasserstoff als alternative nachhaltige Energiequelle werden auf unserem neuen Hydrogen Dialogue in Nürnberg und São Paulo diskutiert.

Wir haben mit der Pandemie freiwillig oder unfreiwillig alle digitale Learnings erfahren. 2019 beantworteten Sie, Herr Ottmann, meine Frage nach Ihrer Einschätzung zum Thema Digitalisierung so: „Die Digitalisierung ist für uns ein echter Entwicklungs-Booster. Alle Branchen treibt das Thema um, besonders auf Messen. Einige unserer Messen wie die bereits genannte Cybersecurity-Messe it-sa verdanken sogar ihre Existenz der Digitalisierung. Ganz klar: Digitalisierung ist für uns deutlich mehr Chance als Risiko.“ Sie maßen der Digitalisierung schon vor der Pandemie eine hohe Bedeutung bei. Wie ist der Stand heute?
Die Digitalisierung ist für uns weiterhin ein echter Entwicklungs-Booster – an dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. Die Digitalisierung selbst ist Thema auf zahlreichen unserer Messen. Gleichzeitig schaffen digitale Angebote zusätzliche Mehrwerte für unsere Kunden.
Die Pandemie hat einen Digitalisierungsschub in unserem Unternehmen ausgelöst, unsere Kompetenzen erweitert und unser Produktportfolio um Services ergänzt. Beim Restart der Präsenzmessen wurde aber auch deutlich, dass die digitalen Angebote und Events insbesondere dann stark sein können, wenn sie sich im Umfeld einer starken Live-Veranstaltung bewegen. Denn nur, wenn sich die relevanten Akteure einer Branche live vor Ort in Nürnberg treffen, wird ein Live-Streaming von der Veranstaltung oder ein Matchmaking zwischen Ausstellern und Besuchern vor Ort und digital sinnvoll. Relevante Präsenzveranstaltungen schaffen den Bedarf für digitale Zusatzangebote, die Mehrwerte für unsere Kunden schaffen – nicht umgekehrt. Deshalb steht die Präsenzveranstaltung auch in unserer Zukunftsformel – on-site plus online – und weiterhin im Mittelpunkt.

Sind rein digitale Messen in Ihren Augen eine Option?
Die Messewelt befindet sich mitten in der Transformation. Dabei sind bereits viele neue Formate und Konzepte entstanden. Was davon langfristig übrigbleiben wird, wird sich erst noch zeigen. Klar ist, dass Messen insgesamt digitaler ­werden, sie werden in Teilen hybrid!
Denn digitale Events und Angebote tragen dazu bei, dass Aussteller und Besucher auch nach und vor dem Branchen-Highlight vor Ort über das Jahr hinweg im Austausch bleiben. Ein gutes Beispiel dafür ist „it-sa 365“. Nach und vor den drei Messetagen nutzen über 9.000 registrierte Expertinnen und Experten die Online-Plattform. Dort finden Sie nicht nur ein großes Netzwerk von rund 800 Unternehmen, sondern auch verschiedene Möglichkeiten, mit diesen in Kontakt zu treten. Über die Plattform finden regelmäßig „Live-Actions“ statt, bei denen Experten ihr Wissen teilen. Über 800 „Live Actions“ wie die „IT Security Talks“ gab es bereits. Die Aufzeichnungen davon stehen den Nutzern auch danach noch zur Verfügung. Das geballte Branchenwissen bietet eine Datenbank mit über 1.200 Produkten. Bei Fragen können sich Nutzer direkt an die jeweiligen Experten bei den Unternehmen wenden. it-sa 365 zeigt, wie hybride Messe in Zukunft funktioniert: Eine wachsende Präsenzveranstaltung mit digitalen Angeboten für eine aktive Community auf der Plattform.
Das Erlebnis einer Messe können digitale Events allerdings nicht ersetzen. Das haben der erfolgreiche Restart im Herbst 2021 und der heiße Messesommer 2022 gezeigt. Unsere Kunden brauchen und wollen den persönlichen Austausch mit ihrer Branche und sie wollen Innovationen live erfahren. Das Bedürfnis unserer Kunden nach Messen live vor Ort ist ungebrochen – nicht nur in Nürnberg, sondern weltweit.

Hybride Messekonzepte scheinen künftig die Heilsbringer zu sein. Wie beurteilen Sie solche Formate. Was können sie und was können sie nicht?
Hybride Messekonzepte verbinden das Beste aus beiden Welten. So können unsere Aussteller live vor Ort ihre Produkte und Dienstleistungen präsentieren und dabei von der Emotionalität der Branchentreffen profitieren. Kein anderes Marketinginstrument ist so effizient wie eine Messe. Die Alternative – unzählbare Einzel-Meetings – wäre übrigens auch ziemlich schlecht fürs Klima.
Gleichzeitig schaffen die digitalen Zusatzangebote wie Matchmaking oder gestreamte Konferenzinhalte den Mehrwert der Messen für unsere Kunden und steigern deren Relevanz. Umso mehr gilt es für uns, das Live-Erlebnis weiter zu stärken. Denn nur, wenn die Messe vor Ort der wichtige Branchentreffpunkt ist, sind digitale Zusatzangebote wie Live-Streamings interessant und relevant für die jeweiligen Branchen.

Kann man mit digitalen Formaten Geld verdienen?
Die digitalen Einnahmen der NürnbergMesse haben sich in den vergangenen Jahren mit dem gezielten Ausbau von digitalen Angeboten stetig erhöht. Im vergangenen Geschäftsjahr machten unsere „digitalen Einnahmen“ erstmals zehn Prozent vom Gesamtumsatz aus – ein wichtiger Meilenstein in unserer Digitalisierungsstrategie! Selbstverständlich wollen wir das weiter ausbauen.
Hinsichtlich der digitalen Einnahmequellen unterscheiden wir zwei Kategorien: Erstens, die Verlängerung des Veranstaltungserlebnisses durch digitale Maßnahmen und Ergänzungen – wir nennen das die Hybridisierung unseres Geschäftsmodells. Hierbei bleibt die Präsenzveranstaltung der Kern unseres Geschäfts. Ein zunehmender Anteil der Erlöse kommt dabei aus digitalen Produkten. Und zweitens, die Transformation unserer Messemarke hin zu einer Multiproduktmarke mit vielfältigen Angeboten wie Content-Plattformen, Matchmaking-Tools oder Media-Dienstleistungen.

Glauben Sie, dass Präsenz-Messen eines Tages wieder an die Erfolge vor der Pandemie anknüpfen können oder müssen sich die Veranstaltungen konzeptionell neu ausrichten und generell verschlanken?
In vielen Fällen schließen unsere Messen schon wieder an ihre Vor-Corona-Größe an, wie bei unserer Cybersecurity-Messe it-sa, die im Oktober rund 700 Aussteller zählte (2019: 753), bei der Chillventa mit 844 Ausstellern (2018: 1.019) und der GaLaBau mit 1.098 Ausstellern (2018: 1.253). Durchschnittlich sind unsere Veranstaltungen in Nürnberg noch etwas kleiner als vor Corona. Dagegen zeigen unsere Veranstaltungen im Ausland einen deutlichen Wachstumstrend. Insgesamt ist die Tendenz positiv und so erwarten wir für 2023 ein leichtes Wachstum in Nürnberg und ein deutliches bei unseren Tochtergesellschaften im Ausland.

Wie reagieren Sie als Messemacher konkret auf die veränderten Rahmenbedingungen und Bedarfe der Aussteller und Besucher?
Unser Service-Angebot spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, unseren Kunden Messeerlebnisse mit echten Mehrwerten zu bieten. Deshalb haben wir in den vergangenen Pandemiejahren unser Service-Konzept neu aufgesetzt und daraus viele neue Angebote abgeleitet. Ziel ist es, die Anfragen unserer Kunden schneller aufzunehmen, im Unternehmen an die richtige Stelle zu verteilen, um sie noch effizienter zu lösen. Teil dieses Konzepts sind die „ServiceBuddies“, NürnbergMesse-Mitarbeiter – vom Azubi bis zur Geschäftsleitung –, die auf der Veranstaltungsfläche sichtbar sind und Anforderungen von Aussteller aufnehmen. Innovativ sind wir bei unserem neuen Logistiksystem. Über dieses erhalten anfahrende LKW – die auf einem speziell von uns dafür eingerichteten Parkplatz in Messenähe gepuffert werden – einen Zeit-Slot zur Ein- und Ausfahrt auf das Gelände. Das verringert Stehzeiten und das Verkehrsaufkommen rund um das Messezentrum und schont die Umwelt. Unseren Kunden und den Speditionen spart es Geld und Zeit.
Eine zunehmende Nachfrage erfahren auch unsere nachhaltigen Angebote rund um das Veranstaltungsportfolio. Beispielsweise bieten wir über unserer Catering-Tochtergesellschaft Lehrieder nachhaltiges Catering an, Aussteller können wiederverwendbare Standbaukonzepte nutzen und wir reduzieren mittelfristig die Verlegung von Teppich und Beschilderung in unseren Hallen. Verankert sind diese vielen Einzelmaßnahmen in unserer neuen Nachhaltigkeitsstrategie. Dieses Engagement hat uns die Aufnahme in den Deutschen Nachhaltigkeitskodex ermöglicht – als erste GDG-Messegesellschaft und zweite Messegesellschaft überhaupt. Und auch unter „fairpflichtet.de“, einem Portal für nachhaltige Messeveranstalter, ist die NürnbergMesse nun gelistet.

Haben Sie die „kreative Pause“ genutzt und werden neue Messeangebote platzieren?
In den vergangenen beiden Jahren waren besonders unsere auslädischen Tochtergesellschaften kreativ und haben neue Formate entwickelt. Beispielsweise in Brasilien, wo 2022 erstmals die Catarina Aviation Show (Premium-Segment), die Brazil Edition des Hydrogen Dialogue (Wasserstoff) und die Konferenz C.HOC (Blockchain) stattgefunden haben. Im Frühjahr startete die italienische Tochtergesellschaft die Focus on PCB in Vicenza (Leiterplatten), im November feierte der siebte internationale Ableger der Biofach in Saudi-Arabien Premiere und in Indien haben wir erstmals die SCaT India (Broadcasting) in Eigenregie durchgeführt. Bereits 2021 fanden digital in Mexiko die Beviale Mexico (Getränketechnologie) und die Euroguss Mexico (Druckguss) statt, beides Ableger unserer erfolgreichen Nürnberger Messeformate.

Für das Führungs-Duo der NürnbergMesse Group steht Partnerschaftlichkeit an erster Stelle

Menschen sind anpassungsfähig. Während der Pandemie hat sich mit der uns auferlegten Entschleunigung ein neues Lebensgefühl, haben sich neue Lebensstile entwickelt. Regnose, Rethink, Refresh, um nur drei der Strömungen zu nennen. Dazu der stark zunehmende Trend zur Nachhaltigkeit, der mit der Energiekrise und der Unsicherheit durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine noch geschürt wird. Hat die NürnbergMesse ein Nachhaltigkeitskonzept?
Wir haben im vergangenen Jahr eine neue Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt und im Sommer erstmals in einem Nachhaltigkeitsbericht darüber berichtet. Fachlich beraten wurden wir dabei vom Nachhaltigkeitsexperten Prof. Matthias Fifka von der FAU Nürnberg-Erlangen. Gemeinsam haben wir ein internes interdisziplinäres Nachhaltigkeitsteam aufgestellt, bereits laufende Nachhaltigkeits-Projekte identifiziert und in zehn, für uns zentrale Handlungsfelder einsortiert. Auf dieser Basis wollen wir die einzelnen Projekte weitervoranbringen. Zentral ist dabei unser Ziel, bis 2028 die Energieversorgung der NürnbergMesse klimaneutral zu gestalten.

In welche Bereiche des Unternehmens reichen diese Nachhaltigkeitsbestrebungen hinein?
Unsere Nachhaltigkeitsstrategie orientiert sich an den 17 Nachhaltigkeitsentwicklungszielen der Vereinten Nationen („SDG“). Entlang dieser haben wir zehn Handlungsfelder ausgemacht, in denen wir als Messegesellschaft die größten Potenziale sehen. Das reicht vom Energiesparen, über Gleichberechtigung bis hin zum Bio-Essen in unseren Messe-Restaurants.

Grundsätzlich sehen wir Nachhaltigkeit bei der NürnbergMesse in drei Dimensionen: Erstens, wollen wir unsere Veranstaltungen nachhaltiger machen. Das gelingt zum Beispiel schon jetzt durch die Nutzung von 100 Prozent Ökostrom, Lademöglichkeiten für E-Mobilität oder das Angebot von wiederverwendbaren Messeständen. Zweitens, wollen wir unsere Messen noch stärker zu internationalen Botschaftern für nachhaltige Technologien machen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Biofach mit ihren sieben internationalen Ablegern. Aber auch die Fachpack, die GaLaBau oder der Hydrogen Dialogue in Nürnberg und São Paulo rücken das Thema Nachhaltigkeit weltweit in den Vordergrund.
Drittens, machen wir unser Unternehmen nachhaltiger. Bereits seit 2015 läuft unsere Energieoffensive über die wir Energie einsparen, beispielsweise durch die komplette Umstellung auf LED-Beleuchtung. Ein Kerninstrument ist die Projektierung eines batterie- und wasserstoffspeichergestützten Hybrid-Kraftwerks, für dessen ersten Bau-Abschnitt im Frühjahr 2023 der Startschuss erfolgen wird.

Es scheint, als befänden wir uns in einem Dauerkrisenmodus, der vor allem uns Deutschen Angst macht. Inflation, Energiekrise, zunehmende Verarmung in der Gesellschaft, die Angst vor einem Blackout. Wie begegnen Sie persönlich diesen Ängsten und wo wirken sich diese konkret auf Ihr Geschäft aus?
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat eine „Stapelkrise“ ausgelöst, wie die Kumulation unterschiedlichster Krisen inzwischen auch genannt wird. Diese wirken sich auch auf unser Geschäft aus. Als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg haben wir russische und belarussische Aussteller von unseren Messen ausgeschlossen und unsere Vorbereitungen auf die Beviale Moscow im Frühjahr 2022 eingestellt. Um den Menschen zu helfen, die aus der Ukraine nach Nürnberg geflüchtet sind, und unserem Hauptgesellschafter Stadt Nürnberg zu unterstützen, hatten wir unsere Halle 3C als Interimsunterkunft bereitgestellt. Die Sicherung der Energieversorgung im Messezentrum gehen wir mit verschiedenen Maßnahmen an. Zum Beispiel über eine unternehmensinterne „Task Force Energie“, die Energiesparmaßnahmen im Unternehmen identifiziert und etabliert.

Blicken wir ins Jahr 2030. Welches Szenario sehen Sie in Bezug auf Messen in Ihrer Glaskugel?
Wir arbeiten gerade an unserer nächsten Unternehmensstrategie, die uns durch die kommenden Jahre tragen wird. Zentral ist dabei unsere Zukunftsformel: „On-site und online“ – starke Live-Events und digitale Angebote mit echtem Mehrwert für die Branchen-Communities. In den nächsten Monaten wird sich die „Stapelkrise“ auf unser Geschäft auswirken. Dennoch haben der Restart 2021 und der Messesommer 2022 gezeigt, dass unser Geschäftsmodell weiterhin funktioniert. Mit innovativen Weiterentwicklungen unseres Portfolios entlang unserer Zukunftsformel werden wir die Relevanz und den Mehrwert unserer Messen weiter stärken.

Anfang Februar 2023 startet nach zwei Jahren Pause die Spielwarenmesse wieder durch. Was wünschen Sie dem neuen Vorstand und was der Veranstaltung?
Die Spielwarenmesse prägt seit fast fünf Jahrzehnten den Messeplatz Nürnberg und stärkt dessen internationale Bedeutung und Sichtbarkeit. Die corona-bedingten Zwangspausen zum Jahresanfang 2021 und 2022 hatten den Restart der Spielwarenmesse zuletzt verhindert. Wir freuen uns, dass die Spielwarenmesse nun endlich wieder als Präsenzmesse ins Messezentrum Nürnberg zurückkehrt und wünschen unseren langjährigen Partnern einen emotionalen Restart und eine erfolgreiche Spielwarenmesse 2023!