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Baden ohne Reue – Dermatologe Dr. Marc Pleimes im Gespräch

12. Juli 2016, 14:14

Baden macht Kindern schon ab dem frühesten Säuglingsalter Spaß – den meisten jedenfalls. Wie Eltern Badevergnügen und Hautpflege unter einen Hut bringen, weiß Dermatologe Dr. Marc Pleimes.

Dr. med. Marc Pleimes

Herr Dr. Pleimes, dass die meisten Babys und Kleinkinder sich in warmem Wasser wohl fühlen, ist bekannt. Freut sich auch die Haut der kleinen Wasserratten? 
Unsere Haut, besonders in den oberen Anteilen (der Oberhaut/Epidermis), dient dem Schutz unseres Körpers gegenüber verschiedenster Umweltreize. Dabei handelt es sich um ein komplexes System, das wie eine Art Backsteinmauer aus dicht zusammenstehenden Zellen, schützenden Fettmembranen, Säureschutzmantel und keimabwehrenden Stoffen besteht. Leicht kann dieses System durch äußere oder innere Einflüsse aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Exzessiv lange Bäder können die Hornschicht übermäßig durchweichen oder zu warme Bäder schützende Fette aus der Haut herauslösen. Kurze Bäder von fünf bis zehn Minuten Länge mit Zusatz von Badeölen oder eines auf den Haut-pH-Wert angepassten, seifenfreien, milden Reinigungsmittels sind jedoch gut verträglich und auch sinnvoll. Für Säuglinge in den ersten Wochen nach der Geburt sollte die Badetemperatur ungefähr der Körpertemperatur entsprechen, später darf das Wasser lauwarm sein.

Baden gehört beim Nachwuchs klar zur Körperhygiene, Hebammen betonen häufig auch den Entspannungs-/Wellnesseffekt. Wie oft „baden“ ist überhaupt gesund für zarte Kinderhaut?
Hierzu gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien, doch ein Bad zwei Mal pro Woche erscheint für eine normale, ansonsten unauffällige Säuglingshaut sinnvoll. Wir haben jedoch keine Hinweise, dass auch ein tägliches Bad der Haut schadet. Kinder mit der Veranlagung zu einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis) profitieren sogar von regelmäßigen Bädern. Danach muss aber immer eingecremt werden. Ein vorsichtiges Trockentupfen vor dem Eincremen schont die Haut ebenfalls. Die Empfehlung, Kinder mit sehr trockener Haut selten zu baden, ist meines Erachtens nicht sinnvoll.

Planschen, mal richtig einweichen, spielen – neben der Häufigkeit spielt sicher auch die Dauer des „Badewannenaufenthalts“ eine wichtige Rolle: Wie sehen Sie das aus dermatologischer Sicht?
Letztlich gibt es auch hierzu zu wenig wissenschaftliche Untersuchungen. Langes Baden (deutlich länger als zehn bis 20 Minuten) durchweicht jedoch die Hornschicht und verschlechtert die Hautbarriere, was wiederum zum Austrocknen der Haut führen kann. Gerade Kinder mit empfindlicher Haut sollten daher nicht länger als fünf bis zehn Minuten baden. Das heißt aber nicht, dass ein Kind mit empfindlicher Haut nicht auch einen Tag im Schwimmbad verbringen kann, jedoch sollte man, besonders bei Neigung zu sehr trockener Haut, mit einer ausreichend fetten Pflegecreme auch zwischendurch cremen.

Haarewaschen, Schaumbad, cremen und ölen, für jedes Körperteil eine andere Lotion – was braucht eine Kinderhaut und was nicht?
Eine sanfte Reinigung der Haut mit jedem Bad ist auch im Säuglingsalter durchaus sinnvoll, da reine Wasserbäder fettlösliche Irritationsstoffe auf der Haut nicht entfernen. Zum Einsatz kommen hier vor allem sogenannte Syndets: seifenfreie, den typischen Haut-pH-Wert von zirka 5,5 erhaltende, milde Waschlotionen. Bei trockener Haut kann dem Wasser ein Ölbadzusatz beigefügt werden. Nach dem Baden dann auf jeden Fall eine Pflegecreme für den gesamten Körper verwenden. Bei Hinweisen für eine fortbestehende trockene Haut empfiehlt sich darüber hinaus der zusätzliche Einsatz von Hautpflegecremes. Dabei gilt, je trockener die Haut, umso mehr Fettanteil ist sinnvoll. Reine Öle sind für die Basispflege eher nicht zu empfehlen.

Welche Inhaltsstoffe sind wertvoll?
Auch hierzu fehlen eindeutige Studienergebnisse. Allerdings sind bestimmte Fettsäuren, wie Omega 6- oder Omega 3-Fettsäuren sinnvoll, da ihre Umbauprodukte im Körper entzündungshemmend oder membranstabilisierend sein könnten. Auch am Zusatz von natürlichen Feuchthaltefaktoren oder Ceramiden wird fortlaufend geforscht. Harnstoff hat als Zusatz in Cremes auch eine aktive Funktion und kann Hautzellen stimulieren, wichtige Barrierebausteine vermehrt zu produzieren. Er führt jedoch im Säuglings- und Kleinkindesalter nicht selten zu einem starken Brennen auf der Haut und ist für diese Altersgruppe daher nicht geeignet.
www.kinderderma.de