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2 Journalisten fragen … – Stefan Krings antwortet

23. November 2020, 12:37

In Puch bei Salzburg trafen TOYS Chefredakteurin Sibylle Dorndorf und Modell Fahrzeug Chefredakteur Andreas Berse den CEO der Carrera Revell Group, Stefan Krings zum Interview. Es wurde ein Gespräch mit viel PS, beachtlichen Perspektiven und der wenig überraschenden Erkenntnis, dass zwei starke Marken, die eine Gruppe bilden, zu den ernstzunehmenden Playern der Branche gehören.

Herr Krings, im Juli 2019 wurde die Stadlbauer Marketing & Vertrieb GmbH durch den Revell Eigentümer Quantum Capital Partners gekauft und Sie wurden Geschäftsführer beider Firmen. Dieses Jahr verkündeten Sie, dass die Carrera Revell Gruppe weitere Synergien in Logistik, Marketing und Vertrieb schöpft. Wächst nun zusammen, was von der Zielgruppe her gedacht gut zusammenpasst?
Das kann man so sagen, obwohl es nicht leicht ist, zwei unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammenzuführen. Das braucht Zeit und viel Commitment von allen Seiten. Carrera ist ein typisches Familienunternehmen, das beim Verkauf von der dritten Generation geführt wurde, Revell hat eine mehr als wechselvolle Geschichte. Witzigerweise wäre vor Jahren der Deal fast umgekehrt verlaufen, damals hatte Dr. Dieter Stadlbauer großes Interesse daran, Revell zu übernehmen.

Das wäre dann wohl der zwölfte Besitzerwechsel geworden, oder?
Wenn ich richtig rechne ja. Wahrscheinlich ist Revell deshalb in seinen Strukturen so wendig. Die Mitarbeiter mussten sich schon so oft auf neue Situationen und Eigentümer einstellen, das schweißt zum einen zusammen, zum anderen ist man dadurch immer gezwungen, an sich, an den Strukturen und Prozessen zu arbeiten.

Seit er als Nachfolger von Hans Ulrich Remfert bei Revell angetreten ist, wird ihm nicht langweilig: Stefan Krings zeigt echte Führungsqualitäten

Aber nun zurück zu Ihrer ursprünglichen Frage: Ja, wir stellen immer mehr fest, wie gut diese beiden Marken zusammenpassen, in wie vielen Aspekten sie sich ergänzen, wie gut sie sich gegenseitig befeuern können. Wir sind durch diese neuen Eigentümerverhältnisse und den starken Investor Quantum Capital Partners nun ein Player, der im globalen Geschäft und auch vom Ranking zu den führenden Spielwarenmarken gezählt werden kann.

Wo stehen die Marken im Wettbewerb?
Da muss ich vorausschicken: Im Kerngeschäft sind wir keine Konkurrenten. Wir sind Wettbewerber im RC-Bereich, wobei wir hier die Marken unterschiedlich positionieren: Revell Control besitzt bereits eine sehr starke Position im unteren und mittleren Preissegement und bedient perfekt den Massenmarkt, Carrera startet im mittleren Preissegment und geht bis ins Premiumsegment. Dies liegt zum einen daran, dass in Puch immer schon sehr viel selbst entwickelt wurde. Und, das ist wiederum ein positiver Aspekt, von diesem technischen Know-how profitiert nun auch Revell. Für beide Marken wurden klare Marken-DNAs definiert, so dass neue Produkte mit der für sie passenden Marke auf den Markt kommen. Bei jedem neuen Produkt entscheiden wir im Team, ob es besser zu Carrera RC oder zu Revell Control passt. Die Marke muss hierbei den einzelnen Artikel stärken. Die Strategiemeetings, in denen wir so etwas diskutieren, machen wir bereits gemeinsam. Zwei Dinge sind für uns jedoch in Stein gemeißelt: Wir sind sehr stark markenfixiert, und wir liefern Top-Qualität.

Gibt es weitere Synergien, auch global betrachtet?
Carrera zum Beispiel war immer sehr TV-werbelastig. Da können wir uns bei Revell nun Expertise holen. Wir in Bünde sind dagegen mit Trade Marketing-Maßnahmen und attraktiven, abverkaufsstarken Displayvarianten groß geworden. Gleichzeitig lässt sich schon feststellen, dass Carrera Revell hin zu neuen Kunden transportiert und umgekehrt.
Das gilt natürlich auch für die globalen Märkte. In UK sind wir mit Revell Marktführer, da ziehen wir Carrera mit, in Italien ist Carrera stark, da holen wir uns Rückenwind. In Frankreich waren beide Marken gleich stark in verschiedenen Kanälen vertreten, hier gehen wir gerade die Kanäle des jeweils anderen an. Leider war dieser Markt besonders durch die Corona-Krise betroffen, so dass wir in 2020 hier noch nicht unsere Ziele erreichen konnten.

Also sieht das noch laufende Geschäftsjahr trotz oder eben wegen Corona gar nicht schlecht aus?
Beide Marken bieten ideale Produkte für eine abwechslungsreiche Beschäftigung zu Hause, was sicherlich dazu beigeträgt, dass Carrera und Revell eine stabile Geschäftsentwicklung trotz der Corona-Krise aufweisen können.
Der Lizenzbereich hat durch die corona-bedingte Schließung der Kinos und die Verschiebung vieler für 2020 angekündigten Filme gelitten. Wie sieht das bei Carrera und Revell aus?
Dies ist für die Kinothemen aktuell ein Problem, und wir sind in engem Austausch mit unseren Lizenzgebern, um Alternativen für die hier fehlende Nachfrage zu erarbeiten. Generell setzen wir als Gruppe weiterhin stark auf Lizenzen, da wir durch die Vielzahl der Märkte, in denen wir eine direkte Distribution haben, und die größere Anzahl an Warengruppen, die wir abdecken, nun noch stärkere Volumen erreichen.
Bei den Lizenzthemen setzen wir neben neuen Themen weiterhin auf Longseller, so läuft Star Wars bei Revell durchgehend gut, auch, weil wir bereits frühzeitig auf die Erwachsenenzielgruppe gesetzt haben.

In welchen Bereichen hat Ihnen Corona denn zugesetzt?
Ich kann da eigentlich keine nennenswerten Bereiche anführen. Wir haben den Lockdown insgesamt gut überstanden, haben alle Vorbereitungen in beiden Firmen getroffen, um einen großen Teil der Beschäftigten notfalls gleichzeitig ins Homeoffice schicken zu können. Insgesamt funktioniert dies sehr gut, egal, wo wir jeweils sitzen. Im Moment arbeiten wir der jeweiligen Lage angepasst, ein Teil ist in der Firma, ein Teil Zuhause. Corona zwingt uns dazu flexibler zu werden, die Teams sprechen viel mehr miteinander, viel gezielter und ergebnisorientierter als zuvor – stelle ich durchaus positiv fest. Und ich persönlich habe mein Büro sowieso immer dabei. Alles, was ich brauche passt in meine kleine Aktentasche.

Wie sieht es mit dem Qualitätsmanagement aus?
Im Moment gäbe es da Probleme, wäre nicht diese besondere Situation, dass wir mit Carrera eine Marke haben, die ein eigenes Qualitätsmanagement vor Ort in China hat. Das nutzen wir. Denn bis auf absehbare Zeit kann niemand von uns nach China reisen. Vorher waren wir immer sehr regelmäßig vor Ort.

Weil Sie China erwähnen: Wie sieht es mit der Stabiliät der Lieferketten in Zeiten von Corona aus?
Wir haben sehr früh unsere Saisonaufträge gesetzt, so dass wir nach Wiederaufnahme der Produktionen im Frühjahr sofort starten konnten, was uns im Sommer und Frühherbst eine gute Lieferfähigkeit bescherte. Aufgrund der derzeit sehr starken Nachfrage nach Lagerware kommt es jetzt aber mittlerweile zu ersten Lieferengpässen bei den Topsellern.

Also logistisch sind Sie mit der Gruppe gut ausgestattet?
Wir haben die Führung der Logistik in diesem Jahr zusammengelegt und unter die Gesamtverantwortung von Nikolaus Dietrich gestellt. Eine Herausforderung hierbei ist, dass die beiden Firmen unterschiedliche Warenwirtschaftssysteme haben. Bei Revell haben wir im Sommer ein neues ERP-System eingeführt. Hier hatten wir bis in den September hinein immer wieder Lieferprobleme, für die wir uns auch bei unseren Kunden entschuldigen möchten. Ab Oktober lief es besser. Als nächstes gilt nun, die beiden Warenwirtschaftssysteme zusammenzuführen und eine gemeinsame Logistikabwicklung aufzubauen.

Dieser besondere Adventskalender ist etwas für echte PS „Play“Boys und bringt das Thema Plastikmodellbau auf die Pole Position

Und wie sieht es im Marketing aus?
Hier hat Andreas Bittlinger die Gesamtverantwortung für die Gruppe übernommen, und darüber sind wir sehr froh. Andreas Bittlinger ist seit zwölf Jahren im Unternehmen, er kennt die Marke Revell in- und auswendig, aber auch den Mitbewerbermarkt und damit Carrera. Sein Stellvertreter für die Gruppe ist Roger Kettler, der zuvor Senior Marketing Manager bei Hasbro war und in diesem Jahr zu uns stieß und zusätzliches Know-how einbringt.

Man kann ja nun nicht alles zusammenfassen, es gibt unterschiedliche Kompetenzen in den beiden Unternehmen, wie bündelt man das?
Wir bilden Kompetenzzentren und gemeinsame Projektgruppen, um hier das jeweils beste Know-how auszuschöpfen. Bündelungen gibt es zunehmend in allen Arbeitsgebieten und Fachbereichen von Promotions, die wir zusammen vor Weihnachten machen, gemeinsamen Agenturen oder gemeinsamen Messeauftritten beziehungsweise – coronabedingt – gemeinsamen virtuellen Präsentationen für 2021.

Die Spielwarenmesse wird ja nun eine Sommervorstellung geben …
Es ist richtig, die Spielwarenmesse zu verschieben. Die Auflagen hinsichtlich eines gemeinsam zu tragenden Hygienekonzeptes haben alle Aussteller vor echte Herausforderungen gestellt, und gerade mit internationalen Besuchern ist aktuell nicht zu rechnen. Wir arbeiten gerade an virtuellen Alternativen für die internationalen Kunden und – wenn möglich – an einer physischen Alternative für die nationalen Kunden.
Tangiert das den Start in Ihr Geschäftsjahr und Ihre Neuheitenzyklen?
Nein, wir sind wie alle großen Unternehmen hier sehr autark. Wir kennen unsere Kunden und haben zu allen für uns relevanten Vertriebskanälen direkte und gute Kontakte. Der Revell Vertrieb steht nach wie vor unter der langjährigen Leitung von Frank Kullmann für die DACH-Region und Marko Rachner international. Bei Stadlbauer haben wir die Gesamtvertriebsleitung unserem langjährigen Mitarbeiter Fred Greiderer als Gesamtverantwortlichem übertragen. Er wird unterstützt von Michael Noss, zuständig für Deutschland und Österreich und Bernd Häusler für die internationalen Kunden. Nicht zu vergessen unsere beiden BtoC Teams, die jeweils im Marketing angesiedelt sind.

Wie oft sehen Sie Ihren Investor?
Ganz ehrlich, ich sehe oder spreche mit Quantum natürlich regelmäßig, da ist eine große Vertrauensbasis. Wobei Quantum natürlich sehr gern zu uns kommt, da bei Quantum eine sehr große Leidenschaft für unsere Produkte herrscht und man dort auch das große Potenzial der Gruppe sieht.

Das klingt nach großer Identifikation mit der Gruppe, eigentlich nicht sehr typisch für einen Investor, oder?
Ja – QCP ist da anders, passt nicht in das „Heuschrecken-Image“. Sie wollen mit uns wirklich eine Gruppe auf die Beine stellen, die das Segment abbildet, technische Trends setzt und wächst.

Wir sind schon mitten im Weihnachtsgeschäft und allüberall trifft man auf Adventskalender. Da kann Ihnen kaum jemand etwas vormachen, oder?
Das stimmt. Da sind wir bei Revell fit. Grundsätzlich meine ich aber: Es gibt mittlerweile zu viele Adventskalender …

Wie läuft es denn mit Ihren Adventskalendern in 2020?
Wir fahren bei Revell sechsstellige Stückzahlen. In diesem Jahr landeten wir einen absoluten Treffer mit dem ersten Modellbau Adventskalender für Erwachsene. Ein absolut cooles Teil, ganz in schwarz, edel und wertig. Liegt im Verkauf bei um die 59 Euro und löst echte Begeisterung aus. Wir haben den Kalender seit Anfang Oktober mit weit über 300 Spots bei Pro 7, Kabel 1, Pro7MAXX und K1 Doku in der TV-Werbung. So bringen wir das Thema Plastikmodellbau zeitgemäß an die Kernzielgruppe und begeistern auch Neukunden für dieses tolle Hobby.

Gehört der Plastikmodellbau denn auch zu den Corona-Gewinnern?
Es hat sich gezeigt: Wir haben Lockdown-Produkte. Während des Lockdown ist nicht nur bei Revell das Onlinegeschäft sprunghaft gewachsen, und wir sehen diesen Effekt immer noch. Nun sind wir in der Jahreszeit, in der typischerweise viel gebastelt wird. Ich denke, das ist auch eine Chance Neueinsteiger zu gewinnen, indem wir das Thema besonders zeitgemäß präsentieren – wie eben unsere neuen Easy Click Modellbau Adventskalender. Heute sieht der Plastikmodellbau anders aus als früher. Die Modelle sind schnell zusammenzufügen. Mit dem Easy Klick-System bieten wir für Kids und Newcomer Plastikmodellbau ohne kleben und malen, aber mit originalen und hervorragenden Modellen.

Das klingt optimistisch. Wie beurteilen Sie die Perspektiven für das kommende Jahr?
Wir gehen von einem Wachstum für die Gruppe aus. Wir haben mit Carrera jetzt 95 Prozent Marktanteil in Deutschland, haben bei Rennbahnen Boden gut gemacht, dieses Hobby wird gerade wiederentdeckt. Nicht zuletzt mit Aktionen wie den „Carrera Starter Wochen“. Gleichzeitig modernisieren wir den Modellbau – ich blicke absolut positiv ins neue Jahr.

Und wie läuft das Weihnachtsgeschäft?
Das nimmt deutlich früher Fahrt auf, das bestätigen unsere Kunden. Die Menschen sind mehr zuhause, haben mehr Zeit zu planen, gehen gezielt einkaufen. Es gibt einfach weniger Ablenkungen wie Besuche von Weihnachtsmärkten, Veranstaltungen, Restaurants et cetera. Es sind weniger Kunden in den Geschäften, aber diese Kunden geben mehr Geld aus. Trotz aller Unwägbarkeiten, rechne ich mit einem anderen, aber starken Weihnachtgeschäft.

Herr Krings, ich danke Ihnen für dieses offene Gespräch!