125 Jahre Spielwaren Schweiger – 125 Jahre auf der Pole Position!

5. Juli 2021, 12:53

Ein Jubiläum und noch dazu das 125. in diesen Zeiten zu feiern, dazu gehören eine Riesenportion Optimismus und die Gewissheit, dass der Spielwarenhandel Zukunft hat, wenn er sich immer wieder neu erfindet. Einer, der das „unterschreiben“ kann, ist Klaus Müller. Der Inhaber vom Nürnberger Spielwaren Schweiger lebt es vor.

Beim Spielwaren Schweiger in Nürnberg ist immer Weihnachten oder Ostern oder Kindergeburtstag oder Sammlertreff oder Baby Shower oder Leselust. Meistens alles zusammen, denn wer das Geschäft an der Eslarner Straße betritt, taucht ein in ein buntes und vielfältiges Sortiment, das Inhaber Klaus Müller mit kluger Hand, Marktkenntnis und vielen Jahren Spielwarenerfahrung zusammenstellt und ständig neu justiert.
Viele Nürnberger und nicht nur diese kennen das Geschäft noch aus Kindertagen. „Der Schweiger“ ist und bleibt eine Nürnberger Institution – und das nun seit 125 Jahren. Dass der Geburtstag ausgerechnet in das Corona-Jahr fällt, hat Klaus Müller, der den Schweiger in vierter Generation führt, sich nicht träumen lassen. Er hatte viele Pläne und wollte es so richtig „krachen lassen“. Daraus wird nun wohl nichts werden. Aber Klaus Müller ist ein Berufsoptimist. Der Unternehmer nutzte die Zeit der Schließungen, um (wieder einmal) umzubauen.
Und so ist es beim Schweiger zum 125. Geburtstag schöner und übersichtlicher denn je. Das ist das Geschenk, das Klaus Müller seinen Kunden macht. Er und seine Familie freuen sich schon auf eine „Wiedereröffnung“ ohne tägliche bange Blicke auf die Inzidenzzahlen. Denn auch wenn das Geschäft dank treuer Stamm-kunden trotz Lockdown weiterlief, eben ein wenig anders als zuvor – Klaus Müller braucht wie vorher sein Vater den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden.

Alles Müller, oder was? Genau! Marion und Klaus Müller mit ihren Söhnen Nils und Lars

Wir gehen „zum Schweiger“, das war und ist Verheißung für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Generationen von Nürnbergern, deren Eltern und Großeltern verbinden mit den Besuchen schöne Erinnerungen. An die Kindheit, an die ersten eigenen Kinder und schließlich Enkel. Das war so und das wird auch immer so bleiben. Diese lange und erfolgreiche Unternehmensgeschichte ist all jenen zu verdanken, die jeweils am Ruder standen. Jeder für sich hat die in Relation zu den Rahmenbedingungen der Zeit und des Marktes stehenden Entscheidungen richtig getroffen. Manchmal waren es unangenehme, aber wichtige Entscheidungen, harte Zäsuren.

Ein Blick zurück

Mitten im Herzen der Nürnberger Altstadt am Laufer Schlagturm, einer der markanten Sehenswürdigkeiten der Stadt, gründeten die Brüder Hans und Georg Schweiger im Jahr 1896 ein Handelsge-schäft mit Spielwaren, Modelleisenbahnen, Dampfmaschinen, Elektroartikeln und Fahrrädern. Die beiden ambitionierten Unternehmer erkannten frühzeitig, dass es ohne eine persönliche und fachkundige Beratung keine dauerhafte Grundlage für ein Geschäft mit diesen doch sehr erklä-rungsbedürftigen Sortimenten geben würde. So wurde der Name Schweiger in Nürnberg und dem Umland schnell zu einem positiv besetzten Begriff.
Doch dann kam der Krieg. Im Januar 1945 wurde in einer der schlimmsten Bombennächte Nürnbergs das Stammhaus komplett zerstört. Zum Glück kam niemand zu Schaden, aber es war ein schwerer Schlag für die Familie, die dennoch ihren Traum nicht aufgeben wollte. Schon 1946 wagte man den Neuanfang. Johanna Schweiger begann in ihrer Wohnung Eisenbahnen aus Holz herzustellen. Aber so idyllisch das heute klingt – es waren sehr harte Zeiten. Manchmal betrug der Umsatz nicht einmal fünf DM pro Woche.
Im Jahr 1958 übernahm Adam Müller von seiner Schwiegermutter das Geschäft und widmete sich in den nächsten Jahrzehnten mit großem Erfolg voll und ganz der Eisenbahn. 1982 übernahm sein Sohn Klaus Müller das Spielwarenhaus Virnich. Während Adam Müller weithin technische Spielwaren verkaufte, setzte Klaus Müller im Spielwarenhaus Virnich andere Akzente. Er bot ein breites Sorti-ment an klassischen Spielen, Trendartikeln und Spielwaren.
1989 eröffnete Klaus Müller im neu erbauten Maximum in Nürnbergs City auf vier Etagen und 4.000 Quadratmetern eines der modernsten Spielwarengeschäfte in Deutschland und zentralisierte dort die vier über das Stadtgebiet verteilten Geschäfte.

Als noch kaum ein Spielwarenhändler ins Ranzengeschäft einsteigen wollte, tat das Klaus Müller. Er startete mit 15 Ranzenmodellen, heute gehen tausende pro Saison über seine Theke (Bilder: studiopfleiderer.de)

Happy Birthday, Schweiger! Das ist Grund zum Jubeln, auch in Corona-Zeiten. Spielwaren Schweiger war und ist ein echter Familienbetrieb

Aber die Zeiten wandeln sich und mit ihnen die Lebens-, Spiel- und Kaufgewohnheiten der Menschen. Klaus Müller reagierte rechtzeitig und konsequent auf die sich rasant verändernden Rahmenbedingungen. Er baute einen neuen Stammsitz und verlegte Im Jahr 2002 das Geschäft nach Nürnberg Mögeldorf. Eine kluge und weitsichtige Entscheidung. Neben der eigenen Firma beherbergt Müller dort noch einen „Freßnapf“, der – das Haustier ist der Deutschen liebstes Kind – dem Spielwaren Schweiger verlässlich Kunden zuspielt.
Mit diesem, dem letzten Umzug, folgte auch eine komplette Neuausrichtung des Sortiments. Die Modelleisenbahn musste weichen. Die Lok-Raritäten, die heute als Reminiszenz der Müller‘schen Modellbahn-Ära noch in den Vitrinen im ersten Stock des Hauses in der Eslarner Straße stehen, erinnern an diese Zeit.
Es war eine gewagte Entscheidung, aber sie erwies sich als goldrichtig für die Zukunft des Geschäftes. Klaus Müller schuf mit seiner betriebswirtschaftlich und unternehmerisch durchdachten Neuausrichtung Platz für Neues. Neben den Spielwaren-Standardsortimenten im Erdgeschoss und ersten Stock befindet sich heute im Erdgeschoss eine gut sortierte, große Kinder- und Jugendbuchabteilung, die sich absolut mit dem Buchhandel messen kann und die mittlerweile auch Geheimtipp für viele erwachsene Leseratten und Freunde schöner Bücher ist. Parallel zum Buch hat Klaus Müller ein breites und kompetentes PBS- Sortiment für Büro und Schule aufgebaut. Man findet beim Schweiger an Stiften, Füller, Ordnern und Zubehör alles, was Rang und Namen in der Branche hat. Dazu kommen schicke Rucksäcke und Ranzen, Ranzen, Ranzen. Müller war auch hier Vorreiter und führt fast alle Marken. Selbstverständlich ist eine qualifizierte Beratung, auch auf Termin. Diese inkludiert einen exklusiven Anprobe- sowie Anpassungsservice. Das sprach sich schnell herum in Nürnberg und Umgebung. Inzwischen beläuft sich das Schreibwaren-, PBS-Sortiment und der Bereich Schulranzen im Verhältnis zu Spielwaren auf über 40 Prozent. Außerhalb des Schulbedarfs und des Schulanfangsgeschäftes sorgen beim Spielwaren Schweiger Spiele, Puzzles, Plastikmodellbau und Puppen für ein stark frequentiertes Ganzjahresgeschäft.
Neben seiner Frau Marion, die aktiv im Geschäft ist, hat die holde Weiblichkeit bei Klaus Müller grundsätzlich viel zu sagen: In der ultra wichtigen „rosa Zone“ herrscht oft Zickenkrieg. Da trifft Steffi Love auf Barbie. Bruder und Rolly Toys dagegen führen eine friedliche Koexistenz. Beide Brands haben einen exponierten Platz beim Schweiger.
Der Erfolg der letzten Jahre zeigt: Klaus Müller ist ein Waren-, Kunden- und vor allem ein Kinderversteher. Selbst spät Vater geworden profitiert er vom schonungslosen Feedback seiner zwei Söhne Lars und Nils. Lars wird in das Geschäft einsteigen. Wann ist noch offen. Klaus Müller, Jahrgang 1958, wird wohl noch ein paar Jahre ans Arbeitsleben dranhängen müssen. Ob ihm das schwer fällt? Eher nicht. Wer ihn kennt, weiß, dass jedes Kokettieren mit dem Ruhestand bloße Theorie ist. Klaus Müller l(i)ebt seinen Beruf. Sein Engagement im Händlerbeirat von duo schreib & spiel und als Prüfer und in der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer sind nur zwei von zahlreichen (Ehren)Ämtern, die er mit Engagement bekleidet.