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Studie zeigt neue Chancen in der Krise auf

26. März 2024, 12:23

Trotz heftiger Krisen ist das Marktvolumen für Kinderprodukte erneut gewachsen. Auch der Online-Anteil steigt weiter. Die Baby-Erstausstattung ist teuer wie nie und Second Hand-Produkte werden immer beliebter. Die Studienergebnisse zur Baby- und Kinderausstattung von IFH Köln und BBE Handelsberatung liefern der Branche alle zwei Jahre wesentliche Insights, wo die Reise hingeht. Mitautorin Carina Stäbisch beschreibt die wichtigsten Entwicklungen und Trends im Gespräch mit Lioba Hebauer.

Carina Stäbisch ist Projektmanagerin beim IFH Köln. Sie beschäftigt sich vor allem mit dem Bereich Fashion & Accessoires sowie Themen wie Marktentwicklungen, Vertriebsformen, Konsumierendentrends und Zukunftsperspektiven der einzelnen Märkte.

Frau Stäbisch, die gerade veröffentlichten Ergebnisse der Marktstudie fokussieren sich auf die Jahre 2022 und 2023. Welche Auswirkungen hatten die beiden Hauptkrisen Coronapandemie und Krieg in der Ukraine auf die Kinderausstattung?

Der Markt für Baby- und Kinderausstattung büßte zwar pandemiebedingt im Jahr 2020 ein, konnte jedoch das Vorkrisenniveau aus 2019 bereits im Jahr 2021 wieder erreichen und 2022 auf ein Marktvolumen von 7,6 Milliarden Euro wachsen. Ein Grund dafür ist unter anderem die im Jahr 2021 gestiegene Geburtenrate sowie der Zuwachs von Einwanderern mit Kindern, wodurch sich der Markt im Vergleich zu anderen Branchen schneller erholen konnte.

Die Geburtenrate stieg „Corona-bedingt“ im Jahr 2021 stark an, fiel dann aber auch entsprechend steil wieder ab und wird auch in den kommenden Jahren weiter sinken. Wie wichtig ist dieser Faktor für das Marktvolumen?

Dieser Faktor ist sehr wichtig, denn weniger Kinder bedeutet automatisch weniger Nachfrage. Jedoch spielen ebenso gestiegene Preise in vielen Bereichen eine Rolle für das Marktvolumen.

Ein Baby muss man sich leisten können. Wie haben sich die Kosten für die Erstausstattung eines Babys in den vergangenen Jahren entwickelt?

Familien sind in Zeiten der Inflation besonders belastet. Nicht nur die Kosten für das alltägliche Leben wie Wohnraum oder Lebensmittel sind gestiegen, sondern auch teilweise für Produkte des Marktes Baby- und Kinderausstattung. Im Jahr 2022 liegen allein die Kosten für die Erstlingsausstattung eines Babys bei durchschnittlich fast 3.500 Euro. Diese beinhaltet unter anderem Produkte der Kategorien Möbel, Mobilität, Textile Ausstattung, Küchenutensilien, Bekleidung, Zubehör oder Pflege. Die durchschnittlichen Kosten für entsprechende Produkte sind zwischen den Jahren 2020 und 2022 jährlich um 4,5 Prozent gestiegen. Die Preissteigerungen sind also auch hier deutlich spürbar.

Zu den größten Veränderungen, die der jüngste Branchenbericht aufzeigt, zählt die steigende Beliebtheit von Secondhandware. Was erklären Sie sich das? Und wie können Hersteller und Händler darauf reagieren?

Verschiedene Gründe führen zur gestiegenen Beliebtheit von Secondhandware: Da ist der Trend zum nachhaltigeren Konsum sowie Preissteigerungen in vielen Bereichen, welche Eltern einmal mehr zur Gebrauchtware greifen lassen. Gleichzeitig ist der Zugang zu Secondhandware heutzutage deutlich einfacher geworden. Konsument*innen sind nicht mehr nur auf Flohmärkte angewiesen, sondern können durch die Etablierung vieler Onlinemarktplätze für Gebrauchtware flexibler und einfacher Secondhand einkaufen und verkaufen. Viele Händler folgen bereits diesem Trend und bieten eigene Gebrauchtwarensortimente an – sowohl stationär als auch online. Eine weitere Chance für Hersteller und Händler sind Ausleihkonzepte. Besonders für Produkte mit höheren Anschaffungskosten wie beispielsweise Kinderwagen eignen sich solche Dienstleistungen.

Der Onlineanteil für den Kauf von Kinderausstattung ist während der Pandemie gestiegen. Welchen Anteil hat er heute? Gibt es Produktsegmente, die nach wie vor überwiegend stationär eingekauft werden?

Der Onlineanteil ist während der Pandemie aufgrund von stationären Schließungen in vielen Bereichen gestiegen und liegt für den Markt Baby- und Kinderausstattung aktuell bei rund 40 Prozent des Gesamtmarktes. Besonders Produkte der Warengruppe Mobilität oder Möbel/Hausausstattung werden gerne online eingekauft, während Bekleidung und Schuhe aufgrund von sich ständig ändernden Kleidergrößen von Kindern noch bevorzugt stationär erworben werden.

Beim Onlinekauf führt nach wie vor Amazon die Hitliste an. Aber auch hier gibt es einige Newcomer.

Der Bekanntheitsgrad von ausländischen, vor allem asiatischen Marktplätzen wie Temu oder Shein steigt besonders bei jüngeren Generationen an. Diese Marktplätze locken unter anderem mit günstigeren Preisen und vielen Rabattaktionen. Ob der Preis die Qualität zukünftig schlägt und ob es sich dabei lediglich um ein Ausprobieren solcher Shops für vereinzelte Produkte handelt oder demnächst komplette Einkäufe über diese Shops erfolgen, bleibt abzuwarten.

Im E-Commerce spielt Social Media eine große Rolle bei der jungen Elterngeneration. Welche Plattformen sind hier aktuell besonders wichtig?

Es entwickeln sich ständig neue Social Media-Plattformen und zukünftig werden sicherlich auch noch einige Anbieter dazukommen. YouTube, Instagram oder auch TikTok zählen dabei zu wichtigen Netzwerken. Facebook wird auch noch von den mittleren Generationen genutzt, hat für die jüngere Generationen aber eher an Relevanz verloren. Zukünftig wird sicherlich das Influencermarketing über Soziale Netzwerke eine Rolle spielen, da sich jüngere Käufer*innen oftmals an Empfehlungen aus dem alltäglichen Leben orientieren.

Die Vertriebswege für Kinderausstattung sind von je her breit gefächert. Welche Entwicklungen werden für den Fachhandel beziehungsweise die Fachmärkte erwartet? Welche Vertriebskanäle werden in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen?

Die Bedeutung des Onlinehandels wird zukünftig noch weiter wachsen können. Der stationäre (Fach-)Handel wird voraussichtlich weiterhin Anteile verlieren, während der Onlinehandel (Internet-Pure-Player, Versender) dazugewinnt. Bei hohen Inflationsraten wird zudem der Lebensmitteleinzelhandel profitieren, da viele Produkte des Marktes Baby- und Kinderausstattung im Discounter kostengünstiger zu erwerben sind.

Wie kann der Handel auf Herausforderungen wie Preissteigerungen, Konsumzurückhaltung, höherer Anteil beim Online-Handel und eine veränderte Erwartungshaltung der jungen Käufergeneration reagieren?

Der Handel muss sich den Bedürfnissen von Konsument*innen anpassen. Die Generation Z ist die erste Generation, die mit dem Smartphone aufgewachsen ist. Die Erwartungshaltung bezüglich des Erlebniseinkaufs durch zum Beispiel Multi- oder Crosschannelmethoden ist entsprechend hoch. Verschiedene Konzepte wie Click & Collect können dabei den stationären Handel mit dem Onlinehandel verknüpfen. Im Zuge des Nachhaltigkeitstrends, der durch die jüngeren Generationen gepuscht wird, steigt die Relevanz von Gebrauchtware, Reparaturservices und Ausleihkonzepten. Es wird zunehmend schwieriger, Spezialisten für Reparaturen zu finden, wodurch sich für den Handel wiederum eine neue Chance öffnet. Da bereits einige Händler entsprechende Maßnahmen umsetzen, ist es nun wichtig mitzuziehen und solche Trends nicht zu verpassen. Schließlich sind die jüngeren Generationen die „Käufer von morgen“.

Wie wird sich das Marktvolumen für Baby- und Kinderausstattung nach Ihren Prognosen für die Jahre bis 2027 entwickeln?

Der Markt für Baby- und Kinderausstattung hat die Krisenzeiten relativ gut überstanden, steht jedoch vor der Herausforderung, dass die Geburtenrate (mit Ausnahme im Jahr 2021) seit Jahren sinkt. Deshalb werden für diesen Markt zwar keine Umsatzrückgänge, jedoch auch keine starken Wachstumssprünge erwartet. Insgesamt wird der Markt voraussichtlich jährlich um ein bis zwei Prozent wachsen.

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