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Bunt, bunt, bunt sind alle meine Farben

26. März 2024, 12:34

… und das ist schön! So sollte man meinen. Tatsächlich liegen aber in vielen Kinderzimmern seit Jahren die Farbe Beige sowie warme Naturtöne und -materialien voll im Trend. Dieser Trend schafft Ruhe und Geborgenheit im eigenen Heim und damit ein Gegengewicht zur aufgewühlten Gesamtsituation in der Welt. Andererseits übernehmen bunte Farben wichtige Signalfunktionen im menschlichen Organismus – sie unterstützen den sozialen Umgang, helfen bei der Verdauung, sie regen sie an, stimmen optimistisch und machen gute Laune. Was macht es also mit Kindern, wenn sie in einem Zuhause aufwachsen, das vorzugsweise in Beige gehalten ist? Unter anderem darüber sprach Astrid Specht mit dem renommierten Farbpsychologen Dr. Axel Buether

Axel Buether ist einer der weltweit führenden Farbexperten, renommiertester Farbforscher im deutschsprachigen Raum und Begründer der modernen evidenzbasierten Farbpsychologie, die nicht im Labor, sondern auf Basis emprischer Forschung im Kontext realer Lebenssituationen durchgeführt wird. Das von ihm geleitete Institut für Farbpsychologie verfolgt einen fachübergreifenden, anwendungsorientierten und naturwissenschaftlich fundierten Ansatz und stützt seine Arbeit auf empirische Forschung und praxisbezogene Kooperationen. Im Zentrum der angewandten Forschungsprojekte stehen die Wirkungen des Umweltfaktors Farbe, dessen Verarbeitung mehr als 60% der neuronalen Kapazitäten unseres Gehirns beansprucht, auf das Erleben und Verhalten sowie das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen.

Herr Dr. Buether, wenn farbliche Anreize zu Hause und im Kinderzimmer fehlen, welche Auswirkungen hat das auf Babys und Kleinkinder? Fehlt diesen Kindern dann nicht etwas?

Dazu muss man zunächst wissen, dass die biologische Funktion der Farben die Verhaltenssteuerung ist. Das heißt, wir nehmen Farben wahr, damit wir uns danach richten, damit wir darauf reagieren. Das kann man sich ganz gut vorstellen, wenn zum Beispiel Babys oder Kleinkinder essen, dann beurteilen sie nicht nur anhand des Geruchs, sondern auch anhand des Aussehens und der Farbe – und später auch am Geschmack – ob die Nahrung ihnen bekommt und ihnen schmeckt. Wenn sie etwas ungewohntes sehen oder damit etwas Unangenehmes assoziieren, dann wird das nicht gegessen. Und wenn man Kinder dazu zwingt, etwas zu essen, was sie aufgrund der Farbe ablehnen, dann kann das zu Übelkeit führen. Es ist wirklich interessant, dass Farbe so eine starke Wirkung hat, sodass sich sogar unser gesamtes vegetatives Nervensystem auf diese Interaktion einstellt. Und das gilt übrigens nicht nur beim Essen, sondern auch für unsere Umgebung und die Räume, in denen wir uns aufhalten, und sogar bei der Beurteilung von anderen Menschen. Farben haben immer eine Wirkung auf uns – wenn wir uns in Räumen aufhalten, kann es sein, dass wir uns sehr wohl oder unwohl fühlen, dass wir gesünder leben oder uns schlechter fühlen oder mehr zu Depressionen oder schlechten Stimmungen neigen, wenn die Atmosphäre zum Beispiel zu dunkel oder düster ist. Umgekehrt, wenn unsere Umgebung farblich zu aktivierend ist, haben wir Probleme, ruhig zu werden. So leiden Kinder unter Umständen an Hyperaktivität. Das heißt, Farben haben tatsächlich vielschichtige biologische Wirkungen und auch kulturelle Wirkungen auf den Menschen und das kann man in verschiedenen Lebenssituationen sehen.

Da würde mich interessieren, wie genau wirken denn Farben? Was passiert da auf physiologischer Ebene?

Das kann man sich so vorstellen, zum Beispiel nach dem Essen sehe ich eine leckere Farbe zum Beispiel in Form eines Nachtischs und obwohl ich schon satt bin, fällt der Blutzuckerspiegel und bekomme wieder Appetit. Kinder kennen das natürlich auch, wenn sie zum Beispiel Süßigkeiten sehen, die auf dem Tisch liegen und sie denken vielleicht nur dran, dann ist erst einmal vorbei mit Gemüse essen. Da muss man schon vorsichtig sein und Dinge auf den Tisch stellt, die gesund sind und gegessen werden sollen und dann erst Nachtisch hinstellt. So funktioniert tatsächlich auch unser Körper, wenn wir Farben sehen, dann stellt sich unser gesamter Kreislauf darauf ein, unser vegetatives Nervensystem reagiert, Hormone werden ausgeschüttet. Das kennt man von sexuellen Informationen, das kennt man aber auch vom Tag-und-Nacht-Rhythmus. Wenn wir aus dem Bett kommen wollen, benötigen wir helles, bläuliches Licht, vielleicht sogar einen blauen Himmel und die Sonne und dann werden Hormone ausgeschüttet, die aktiv machen, die uns in Schwung bringen. Und wenn es dunkel wird, dann werden Schlafhormone ausgeschüttet, die müde machen. In der dunklen Jahreszeit fehlt uns häufig Tageslicht und das macht dann wenig tatendurstig und träge. Das heißt, unser Körper reagiert direkt auf den Anblick einer Farbe oder auf die Atmosphäre in unserer Umgebung und braucht nicht erst den Verstand, der ihm über das Bewusstsein mitteilt, was er zu tun hat.
Das ist bei Kleinkindern sehr interessant, weil die gar nicht sagen können müssen, was sie bei Farben wahrnehmen oder wie sie auf sie wirken – sie wirken einfach, ob wir das wollen oder nicht.

Sie sprachen gerade von „leckeren Farben“, aber sind Farben zunächst einmal nicht wertfrei? Ich muss doch erst lernen was lecker ist und was nicht … Oder gibt es tatsächlich Informationen, die über Farbe vermittelt werden, die der Körper auf einer unbewussten Ebene aus sich selbst heraus versteht?

(Bild: pexels)

Es gibt tatsächlich Farbinformationen, die das Kind schon versteht, wenn es zur Welt kommt. Das ist zum Beispiel dieser Hell-Dunkel-Rhythmus, den es im Mutterleib spüren kann. Es gibt Informationen über warme und kalte Farben. Also im Mutterleib ist es nicht nur schön warm und angenehm, sondern dort herrscht auch ein wärmeres Farbspektrum, insofern wirkt dieses Spektrum gleich mal beruhigender als ein kaltes Farbspektrum, wenn sie zur Welt kommen. Und dann gibt es Farben, die evolutionsbiologisch gesehen sehr interessant sind und auf die reagiert ein kleines Kind nach der Geburt zuerst – wie zum Beispiel auf die Farbe Rot. Darauf reagieren Kinder sehr stark, während sie andere Farben noch gar nicht wirklich wahrnehmen. Später kommt dann Grün, Blau, Gelb und andere Farben dazu. Aber Rot interessiert uns Menschen tatsächlich als Erstes.

Das bedeutet also, die Farbe Grün, oder grüner Brokkoli ist zunächst neutral für das Kind und diese Farbe wird erst durch das Mögen oder Nicht-Mögen positiv oder negativ konnotiert?

Ja, das ist tatsächlich so. In der Psychologie nennt man das„Priming“. Das heißt Farben werden mit bestimmten Sinneswahrnehmungen verbunden. Am Anfang reagiert das Kind ja hauptsächlich auf Gerüche, das heißt, es findet die Brust der Mutter hauptsächlich durch den Geruch. Die Farbe der Milchflasche ist erst einmal völlig uninteressant. Wenn das Kind dann diese Farbe mit anderen Sinneswahrnehmungen koppelt – das passiert bei uns im Gehirn ganz automatisch – und das Weiß der Milchflasche irgendwann mit dem Geschmack und diesem wohltuenden Gefühl von Milch assoziiert, dann reagiert das Kind irgendwann auf den Anblick der Flasche. Das lässt sich zum Beispiel anhand der Bewegungen beobachten, die es macht, wenn es Durst hat. Da wissen wir dann, jetzt ist die Farbe Weiß mit der Erwartung oder sogar Vorfreude auf die Milch gekoppelt. Und tatsächlich passt sich auch der Stoffwechsel des Kindes an diese Erwartung an, das heißt, es werden Enzyme im Verdauungstrakt gebildet. Beim Anblick von leckerem Essen, bekommen wir nicht nur mehr Appetit durch hormonelle Ausschüttung, sondern unser Verdauungssystem wird auch vorbereitet und die Nahrung bekommt uns besser. Wenn wir also etwas zu uns nehmen, das uns besonders guttut, dann wird das im Gehirn abgespeichert als etwas, auf das wir freudig und positiv reagieren. Wenn uns etwas nicht guttut, wird das anders assoziiert und dann kann auch beim Anblick einer bestimmten Farbe eine Abwehr- oder Fluchtreaktion erfolgen.
Wir machen ja schon im Mutterleib und dann nach der Geburt um so mehr Erfahrungen mit Farbe und Licht, dann merken wir sehr schnell, dass uns dieser Farbsignale vorbereiten auf Alltagssituationen. So erkennt man einen Menschen, der uns vertraut ist, irgendwann an den Farben. Da braucht man gar nicht viel mehr zu sehen, oder wenn es diesem Menschen nicht gut geht, merkt man das auch ganz schnell an schon an kleinsten Verfärbungen im Gesicht und an den Augen. Sind wir empathisch und reagieren entweder positiv oder wütend auf jemanden, wird das durch eine leichte Gesichtsrötung angezeigt. Die müssen wir noch nicht einmal bewusst wahrnehmen, aber wenn wir sie nicht sehen aufgrund schlechten Lichts – Neonlicht oder Energiesparleuchten zum Beispiel unterdrücken diese Rötung der Gesichtshaut – dann merken wir, wir fühlen uns nicht wohl, wir kommen überhaupt nicht gut ins Gespräch miteinander, wir werden„nicht warm“ miteinander wie man so schön sagt. Das heißt, diese Signale fehlen, obwohl wir das bewusst gar nicht mal so sehr an den Farben festmacht, sondern wir spüren einfach, die Atmosphäre ist nicht gut in diesem Raum und wir suchen dann lieber andere Räume auf, in denen wir uns gegenseitig wieder wahrnehmen und fühlen können.

Ist es nicht gefährlich, in Bezug auf körperliche Reaktionen eine pauschale Annahme zu treffen? Immerhin gibt es Menschen, denen man aufgrund ihres Hauttyps das Rotwerden nicht ansieht …

Das darf man sich nicht so vorstellen, dass sich das Gesicht immer so rot verfärbt wie nach einem Ausdauerlauf. Tatsächlich sind das ganz kleine Verschiebungen in der Hautfarbe, die man darstellen kann, wenn man die Haut mit speziellen Kameras filmt. So hat man festgestellt, dass wenn man miteinander redet, der Hautton sich immer wieder ganz leicht verändert. Wenn das nicht passiert, dann ist auch kein gutes Gespräch und deshalb führen Telefonate, so wie unseres jetzt, dann auch nicht zur gleich emotionalen Vertrautheit, als wenn man sich persönlich gegenüber sitzt. Das macht schon einen großen Unterschied.

Aber zurück zu den Babys und Kleinkindern … Wir stellen uns also vor, das Kind ist auf der Welt und zu Hause, die Mutter ist voll auf dem Beige-Trend, die ganze Wohnung ist in diesem Farbstil eingerichtet … Was macht das mit dem Kind?

Also grundsätzlich muss man keine Panik haben, dass man sein Kind irgendwie schädigt, wenn man diesem Beige-Trend folgt, weil das Kind ja noch ganz viele andere Informationen bekommt. Ein Problem wäre es, wenn man das Kind in einen Raum sperren würde, wobei dann die Farbe auch egal wäre. Das nennt man sensorische Deprivation, das heißt, man erfährt keine oder kaum Abwechslung von Farben. Das wird im Übrigen im Iran als Foltermethode eingesetzt. Ich empfehle hierzu das Buch der Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die über diese „White Torture“ geschrieben hat. Das Buch heißt auf Deutsch: „Frauen! Leben! Freiheit! Wie wir unsere Stimmen erheben. Frauen in iranischen Gefängnissen erzählen“. Hier wird das an der Farbe Weiß festgemacht, wenn es also zu wenig Sinnesinformationen gibt, alles weiß ist und sich das nicht ändert, empfinden wir das als anstrengend und quälend. Das würde natürlich auch für Beige gelten. Wenn man die ganze Welt des Kindes beige färben würde, hätte es tatsächlich irgendwann ein Problem. Wenn es aber nur das Kinderzimmer ist, und es sich nur einen Teil des Tages dort aufhält und ansonsten die Wohnung farbliche Abwechslung bietet und das Kind genügend Zeit draußen verbringt, ist das gar kein Problem. Also eine Panik ist das nicht angezeigt.

(Bild: pexels)
(Bild: pexels)

Aber hat es denn eine Auswirkung?

Es gibt verschiedene Effekte. Einmal ist es so, dass ein Beigeton gegenüber einem Weißton schon ein deutlicher Fortschritt ist, weil er deutlich angenehmer ist für die Atmosphäre im Kinderzimmer. Damit fühlt es sich für das Kind wohliger und wärmer an. Beige ist auch haptisch greifbarer. Ich hatte ja erwähnt, dass sich unsere Sinne oft miteinander koppeln, übrigens nicht nur bei Synästheten, sondern bei uns allen, und wir versuchen über die Eigenschaften, die wir sehen, so ein bisschen Oberflächenqualitäten wahrzunehmen. Also wenn die Wand eher kalt aussieht, weiß ist oder eine andere kalte Farbe hat, dann fühlt sich das auch kühler an. Man braucht zum Beispiel tatsächlich eine höhere Zimmertemperatur bei bläulichen, kühlen Farben als wenn wir warme Farben um uns haben. Und Beige ist ein warmer Ton, also das fühlt sich auch haptisch angenehmer und wärmer an. Damit kann man eigentlich nichts falsch machen. Nun ist es so, dass Beige-Fans sich nicht nur mit einer Nuance, sondern sich mit verschiedenen Nuancen von Beige einrichten. Oft gibt es dann auch viel Holz im Zimmer ebenso wie Kissen und Textilien in Naturfarben, die wir mit einer gesunden Natur assoziieren. So entsteht über die Addition verschiedenster Töne, die zu dieser Farbfamilie gehören so etwas wie eine beige Kinderwelt. Dabei ist wichtig zu verstehen, diese Textilien sehen natürlich und ungefärbt aus, sind aber nicht. Genauso wenig wie das Holz. Wäre das unbearbeitet, würde jedes Brett anders aussehen.
Wenn es jetzt um die Auswirkungen einer solchen Zimmer- oder Wohnungseinrichtung auf die Kinder geht, ist vielleicht die Einstellung, Haltung und die Werte der Eltern ausschlaggebender. Da kann man durchaus Rückschlüsse ziehen. Es gibt ja auch einen Trend zum bunten Kinderzimmer und das lässt auf Eltern schließen, für die Offenheit, Vielfältigkeit, Diversität wichtig sind. Die Kinder sollen also in einer freien und vielfältigen Welt aufwachsen und deshalb haben sie diese Farben für das Kinderzimmer gewählt. Hierzu haben wir inzwischen die größte Studie weltweit zur Wahrnehmung von Persönlichkeitseigenschaften. Die hat bestätigt: Wenn ich in meinen Tests Kinder Farben aussuchen lasse mit den Attributen „Glück“, „Sicherheit“ oder auch „Freiheit“, dann bekomme ich immer ganz viele bunte, pastellige, helle Farben. Und das ist egal, welche Kindergruppen ich teste. Wenn ich beispielsweise Kleidung aus dem Kleiderschrank auslegen lasse und nachfrage, was für Eigenschaften diese Person haben könnte, wenn man mal nur auf die Farben achtet, dann steht bunt tatsächlich immer für eine sehr offene, extravertierte und freundliche Persönlichkeit. Insofern ist die Kinderwelt in bunt natürlich auch erstmal das naheliegende gewesen. Jetzt ist es so, dass wir vielleicht etwas wegkommen von der Wertehaltung vieler Eltern hin zu einer Welt, die nicht mehr diese Buntheit braucht in erster Linie, sondern eine Welt die vor allem erstmal ein Gleichgewicht im ökologischen System braucht. Der Gedanke Kampf gegen den Klimawandel, aber auch gegen all die Verschmutzungen im Alltag und chemische Inhaltsstoffe und da ist der Versuch, für die Kinder eine saubere, reine, natürliche Umgebung zu schaffen, natürlich verständlich. Diese Farben, diese beige, greige Welt ist etwas, das zeigt, dass Eltern ihren Kindern etwas möglichst Gutes tun wollen und dass sie das sogar noch höher gewichten als Attribute wie „fröhlich“, „divers“ oder „vielfältig“. Wenn wir unsere Kinder in so einer Welt aufwachsen lassen würden, die sich nicht ändern würde, hätten wir ein Problem, weil Kinder vielfältige Anregungen brauchen, damit sie möglichst offen sind für verschiedene Erfahrungen. Das gilt für Nahrung, also Geschmäcker und Gerüche, aber eben auch für Farben. Es ist wichtig, die Vielfalt der Farben immer wieder in Kopplung mit anderen Sinnesempfindungen wahrzunehmen und auch Zwischentöne zu sehen und sie auch zu sensibilisieren für die Bedeutung, die Farben in unserem Leben haben.

Wenn Sie Eltern eine Empfehlung aussprechen müssten, wie sollte das ideale Kinderzimmer aussehen – möglichst bunt, möglichst beige, gedeckte oder klare Farben? Was brauchen Kinder, um sich – aus farbpsychologischer Sicht – optimal zu entwickeln?

Ein optimales Kinderzimmer würde für mich tatsächlich so aussehen: Viele Naturmaterialien, viel Holz – auch als Fußboden –, damit Kinder auch die verschiedenen Farben von Holz wahrnehmen können. Die Wände würde ich etwas abtönen, sandig machen. Da ist dieser leichte Beigeton gar nicht verkehrt. Dabei kann man auch mit Ockertönen, die ins Rote, Grüne oder Gelbe gehen spielen und die sich gut für eine Akzentwand eignet. Aber auch ein Taubenblau wäre möglich. Also ein bisschen Braun darf in die Farben hineinspielen, so wirkt das etwas wärmer und wohltuender. Das Problem ist, wenn man zu viele Farbinformationen haben, aktiviert das die Kinder. Das kann problematisch sein, wenn man diese vielen Farben nicht hinausschaffen kann, denn dann kommen die Kinder nicht zur Ruhe. Das gibt es häufig in Kindergärten, die zu viele Farbinformationen haben, dann kann sich sogar so etwas wie eine Hyperaktivität bei den Kindern einstellen. Das heißt, etwas Ruhe in so einen Raum hineinzubringen, ist nicht verkehrt. Deshalb würde ich die bunten Farben lieber für Objekte verwenden, die man wegräumen kann. Diverse Farbsignale sind aber grundsätzlich sehr gut für Kinder, sodass sie so unterscheiden lernen, insbesondere Zwischentöne. Es ist übrigens oft ein Problem, dass wir Farben auf die Grundfarben reduzieren und die Nuancen vergessen. Ich finde das wahnsinnig wichtig, gerade diese feinen Unterschiede im Leben wahrzunehmen, also zum Beispiel beim Essen zu merken, es gibt nicht nur scharf, salzig oder süß, sondern es gibt ganz viele Gewürze, die so ein Essen sehr lecker machen. Das kann natürlich auch bei Farben einführen und seine Kinder ein bisschen für die Vielfalt der Farben zu sensibilisieren. Ein tolles Mittel hierfür ist das Malen, aber natürlich geht das auch über Spielzeuge, Textilien oder Bastelmaterialien. Ich finde, hier können es gar nicht genug Farben sein. Aber um es noch einmal zusammenzufassen: Die Räume selber würde ich tatsächlich ein bisschen dezenter und zurückhaltender gestalten und allerhöchstens mit einer Akzentfarbe arbeiten, die aber nicht knallen sollte, sondern eher gedämpft ist, damit das Kind in dem Raum auch zur Ruhe kommen kann.

Zum Abschluss noch die Frage, wie lange dieser Beige-Trend noch anhalten wird?

Ich glaube nicht, dass es sich bei dem Trend zu Farben, die gesund aussehen, um einen kurzfristigen handelt. Ich glaube, das dies einer der wenigen Trends ist, die lange anhalten. Das hängt ja auch mit den Umweltproblemen zusammen, die wir auch nicht eben mal schnell lösen können. Um einen anderen Vergleich zu ziehen: Es wird ähnlich sein wie die Farben der 70er, die auch lange populär waren und durch die die großen Themen der Zeit – Popmusik, Revolution, das Aufbäumen gegen das Konservative – widergespiegelt wurden. Da gibt es ganz tolle, poppige Farben, die für diese Zeit stehen und die auch länger gehalten haben. Ich glaube, es gibt viele Farbtrends heute, aber dieser Trend zu diesen Beige-, Greige- und Naturtönen, damit werden wir noch ein bisschen länger zu tun haben.

Herr Dr. Buether, ich bedanke mich ganz herzlich für die spannenden Einblicke