Plüsch: So weich, so erfolgreich
Der Plüschmarkt wächst weiter. Aber warum ist das eigentlich so und was machen Plüschwarenhersteller, um innerhalb dieser Spielwarenkategorie erfolgreich zu performen? Toys-Volontärin
Marlene Witke hat bei Steiff, Nici und Schmidt Spiele nachgefragt und spannende Einblicke in die kuscheligen Erfolgsgeschichten bekommen.
Während viele Bereiche der Spielwarenbranche aktuell mit Umsatzrückgängen und Kaufzurückhaltung zu kämpfen haben – 2023 sank der Gesamtumsatz laut der 2024 Branchenpressekonferenz von Circana, DSVI und BVS um rund drei Prozent (71 Millionen Euro) – zeigt sich die Kategorie Plüsch als erfreuliche Ausnahme. Mit einem Zuwachs von zwölf Millionen Euro bleibt sie ein stabiles Wachstumsfeld im Handel. Ein entscheidender Faktor ist die starke emotionale Bindung der Konsument*innen an Plüschprodukte: als treuer Begleiter und Beschützer für Kinder oder als nostalgisches Dekor für Erwachsene. Plüsch verkauft sich nicht nur über Funktion, sondern über Gefühl und Erinnerung.
Die Traditionsmarke Steiff zeigt, wie langfristiger Erfolg im Plüschsegment funktioniert. Das Erfolgsgeheimnis: eine klare Markenidentität, ein Alleinstellungsmerkmal, das bei Jung und Alt gleichermaßen im Gedächtnis bleibt und die Kaufentscheidung nachhaltig beeinflusst. Denkt man an die Firma Steiff, erscheint vor dem inneren Auge sofort der allseits bekannte Teddybär mit dem Knopf im Ohr. Dieses starke Markenbild ist mit traditionellen Werten und Emotionen verknüpft, die sich Plüschhersteller wie Steiff über die Jahre mühsam aufgebaut haben und die es zu bewahren gilt, denn emotional starke Marken mit klarer Botschaft bieten Orientierung und Vertrauen und erhöhen so die Kaufbereitschaft deutlich. Bei Steiff spiegelt sich der hohe Qualitätsanspruch nicht nur im Produkt, sondern auch in der PoS-Gestaltung bis hin zu den Einkaufstüten wider – ein durchdachtes Premium-Design, das die Marke erlebbar macht und emotionale Kaufimpulse direkt am Verkaufsort setzt.
Tradition trifft Trend
Es ist ein Balanceakt zwischen Beständigkeit und Wandel, der langfristigen Erfolg ermöglicht. Die Herausforderung dabei: mit der Zeit zu gehen. Das bedeutet, den Markt mit all seinen Trends und Innovationen genau im Blick zu behalten – ihn als Sprungbrett für neue Ideen zu nutzen, ohne dabei den Qualitätsanspruch aus den Augen zu verlieren. Bei Steiff ist die Verbindung von Tradition und Zeitgeist ein zentrales Thema. „Tradition und Trendbewusstsein schließen sich zum Glück nicht aus“, betont Stefanie Wiesneth, Marketingchefin der Margarete Steiff GmbH. Vielmehr werden bei Steiff traditionelle Werte neu gedacht – wie etwa mit den Teddybären im Superhelden-Kostüm, die passend zum Release des neuen Superman-Films in der ersten Jahreshälfte gelauncht worden sind. Die Figuren stehen für Optimismus und Mut, inspiriert von Ikonen wie Batman und Superman, und natürlich gefertigt in bekannter, kuscheliger Steiff-Qualität. Solche Partnerschaften werden stets sorgfältig ausgewählt und strategisch durchdacht – die Marken müssen zueinander passen. „Wir beobachten den Markt, Bereiche wie Filme und Serien und auch Social Media, aber nicht jede Idee macht für uns Sinn, nicht jeder Trend ist für uns gemacht“, so Stefanie Wiesneth.
Von Kind bis Kidult
Der Spielwarenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert – so auch die Zielgruppen im Plüschsegment. Neben Kindern stellen sogenannte Kidults, also junge Erwachsene mit Begeisterung für kindliche Produkte, eine wachsende Zielgruppe dar. Für sie ist Plüsch ein charmantes Interieur-Element, Sammlerobjekt oder Ausdruck eines kreativen Lebenstils – etwa der XXL-Teddybär als dekorativer Hingucker im Wohnzimmer. Steiff sieht in dieser Entwicklung Potenzial für Fun Accessories, welche der Plüschhersteller mit seiner Kooperation mit den Peanuts liefert. Charaktere wie Snoopy vereinen Nostalgie und Sammelspaß und sprechen damit gezielt die wachsende Zielgruppe der Kidults an. Zudem zeichnen sich zwei wesentliche Entwicklungen deutlich ab: Einerseits wächst das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit, andererseits bleibt der Wunsch nach individueller Gestaltung stark präsent. Besonders bei Anlässen wie Halloween, die zur kreativen Teilhabe einladen, zeigt sich ein steigendes Interesse an gemeinschaftlichen Erlebnissen: Immer mehr Menschen möchten mitmachen und aktiv mitgestalten. Steiff greift diesen Trend mit passenden Kapselkollektionen auf und stärkt so das Gemeinschaftsgefühl. Gleichzeitig bleibt Individualität gefragt. Auch in der Gruppe will man sich abheben – etwa mit Bag Charms, die Taschen oder Rucksäcken im Handumdrehen eine persönliche Note verleihen. Plüsch ist heute weit mehr als nur ein Kindheitsprodukt – es ist Ausdruck von Persönlichkeit und Stil. Eine Entwicklung, die viel Potenzial für weitere Produktkonzepte bietet. „Grundsätzlich sprechen wir durch die Vielfalt unserer Produkte und das Qualitätsversprechen aber jede Generation an: Babys, Kleinkinder, Teenager und Erwachsene bis hin zu älteren Menschen“, unterstreicht Stefanie Wiesneth.
Nachhaltig niedlich
Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Plüschwelt eine zunehmend wichtige Rolle und ist längst kein kurzfristiger Hype mehr, sondern ein dauerhaft relevantes Verkaufsargument.
Steiff betont, dass dieses Bewusstsein schon immer Teil der Unternehmensphilosophie ist: „Unser Ziel war es immer, langlebige Produkte zu schaffen, die über Generationen weitergegeben werden“, so Stefanie Wiesneth. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und eine sorgfältige Auswahl der Materialien gehören zum unternehmerischen Selbstverständnis.
Auch der Plüschwarenhersteller Nici überzeugt seit Jahrzehnten mit liebevoll gestalteten, verspielten Tierfiguren, im unverwechselbaren Comic-Stil – emotionale Produkte mit Herz. Ihr Geheimnis: „Traditionsreiche Marken schaffen den Spagat zwischen eigener Identität und modernen Themen. Lizenzkooperationen sind ein wunderbares Instrument dafür“, erklärt Thomas Pfau, CEO von Nici. Nici setzt dabei bewusst auf ausgewählte Partnerschaften – beide Seiten sollen authentisch bleiben und ihre Markenkernwerte bewahren, um gemeinsam neue Zielgruppen zu erreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist laut eigener Aussage die Zusammenarbeit mit Molang. Nici setzt bei Lizenzprodukten insbesondere auf aktuelle Strömungen wie Nostalgie, Kawaii-Trends oder popkulturelle Phänomene.
PlüschTok-Trend
Auch Nici nimmt einen Zielgruppenwandel wahr: Neben Kindern und Eltern rücken nun auch Pre-Teens, Teenager und junge Erwachsene stärker in den Fokus. Kinder erreicht man meist über Eltern oder den klassischen Handel, während sich Pre-Teens, Teenager und junge Erwachsene stark an Social Media orientieren – dort entstehen neue Trends, Empfehlungen und Kaufimpulse. Plüsch wird so zum Lifestyle-Produkt, mit dem junge Menschen ihre Individualität und ihren Stil ausdrücken – oft als dekoratives Accessoire oder modisches Statement. „Influencer und virale Trends befeuern zusätzlich das Interesse und machen bestimmte Figuren oder Serien schnell zum Must-have. Wer diese Entwicklung versteht, spricht neue Zielgruppen gezielt an und macht Plüsch zum Kultobjekt“, verdeutlicht Thomas Pfau. Die „mymochi“-Kollektion von Nici wurde gezielt für diese Zielgruppe entwickelt – inklusive TikTok-Kampagne.
Grün geknuddelt
Nici sieht den größten Hebel für nachhaltiges Handeln in der Lieferkette. Bereits 2021 wurde die Nici-Green Initiative ins Leben gerufen – Produktlinien, die überwiegend aus recycelten Materialien gefertigt sind. Die größten Herausforderung dabei: die Verfügbarkeit geeigneter Roh-Materialien und die im Vergleich zu herkömmlichen Materialien höheren Kosten. Trotzdem soll das nachhaltige Produktsortiment weiter ausgebaut werden – abhängig von Faktoren wie Marktentwicklung, Kundenakzeptanz und Fortschritten in der Materialentwicklung. „Nachhaltigkeit ist für uns ein fortlaufender Prozess – mit klaren Prinzipien, aber auch der nötigen Flexibilität, um verantwortungsvoll, zukunftsorientiert und wirtschaftlich zu handeln“, stellt Thomas Pfau klar.
Kuschelstrategie gefragt
Trotz der aktuellen wirtschaftlichen guten Zeiten bedeutet das nicht, dass sich die Branche entspannt zurücklehnen kann – im Gegenteil. Vielschichtige Beschaffungsprozesse aufgrund globaler Abhängigkeiten, steigender Qualitätsanforderungen sowie logistische Unsicherheiten halten die Unternehmen auf Trapp. Hinzu kommt die zunehmende Bürokratisierung, die Ressourcen bindet und operative Prozesse erschwert. Auch die Vermarktung wird komplexer: Produkte müssen heute über eine Vielzahl an Kanälen positioniert werden – von klassischen Medien über Social Media bis hin zu diversen E-Commerce-Plattformen. Diese Vielfalt bietet Chancen, erfordert jedoch auch eine klare Strategie. „Die größte Herausforderung liegt darin, zwischen notwendigem Fokus und dem Wunsch, an allen relevanten Stellen präsent zu sein, die richtige Balance zu finden. Genau hier setzen wir an: mit strukturierten Prozessen, realistischen Prioritäten und einem offenen Blick für neue Entwicklungen“, betont Thomas Pfau.
Die Prognosen für die kommenden Jahre sind trotz globaler Unsicherheiten vorsichtig optimistisch. Die Kategorie Plüsch zeigt sich krisenresilient und wachstumsstark, doch der Markt bleibt dynamisch. Neue Zielgruppen, kurzfristige Trends und verändertes Konsumverhalten verlangen vom Handel unter anderem Flexibilität in der Sortimentsgestaltung und eine schnelle Reaktion auf virale Produkte. Plüsch bleibt ein emotional starkes Segment mit wachsendem Lifestyle-Charakter. Wer auf markenstarke Hersteller setzt, Sortiment und Ansprache an neue Zielgruppen anpasst und das Thema Nachhaltigkeit mitdenkt, kann langfristig profitieren.
3 Fragen an …
… Axel Kaldenhoven, Geschäftsführer, Schmidt Spiele
Herr Kaldenhoven, Schmidt Spiele ist vor allem für Klassiker wie Mensch ärgere dich nicht und Kniffel bekannt. Was hat Sie dazu bewogen, Ihr Portfolio um Plüschprodukte zu erweitern? Welche Idee steckt hinter diesem Schritt?
Im Sortiment der damaligen Schmidt Spiel + Freizeit GmbH aus Freising bei München waren bereits Plüschprodukte, die unter der Marke „Schildkröt“ vertrieben wurden – noch vor dem Erwerb der Firma durch die Blatz-Gruppe. Hier waren Hund-, Katze- und Mausfiguren im Programm, aber auch der Lizenzcharakter Maus aus „Die Sendung mit der Maus“. Der Grundstein für das mittlerweile umfassende Plüschsortiment wurde also schon früh gelegt.
Auf welche Charaktere oder Marken konzentrieren Sie sich bei Ihren Plüschprodukten? Und welche Trends beobachten Sie aktuell im Plüschsegment?
Die Sorgenfresser sind bei uns ein Dauerbrenner, den wir konstant ausbauen und weiterentwickeln. Daneben setzen wir derzeit auf Merchandising-Artikel zu Blockbustern wie „Jurassic World“ und „Drachenzähmen leicht gemacht“. Noch in diesem Jahr werden wir hier neue Produkte zu weiteren Kinofilmen launchen. Im Bereich Plüsch sind starke Marken und ein ansprechendes Storytelling von enormer Bedeutung. Sie schaffen einen hohen Wiedererkennungswert, eine gewisse Identifikation und damit auch einen Kaufanreiz. Unternehmen können hier entweder auf populäre Marken setzen oder versuchen, einen eigenen Trend zu schaffen – so wie uns dies erfolgreich mit den Sorgenfressern gelungen ist.
Welche Rolle spielen Lizenzprodukte bei Ihren Plüschartikeln? Welche Ideen oder strategischen Maßnahmen verfolgen Sie, um auch langfristig erfolgreich in der Kategorie Plüsch zu bleiben?
Lizenzprodukte sind ein wichtiges Thema, das den Markt bewegt. Insbesondere Plüschartikel zu Kinofilmen und TV-Serien erfreuen sich derzeit und dauerhaft großer Beliebtheit, bei Kindern und Erwachsenen. Die Helden und ihre Widersacher aus den fiktiven Welten haben eine hohe Strahlkraft und finden als Plüschfiguren ihren Weg in die Kinder- und Wohnzimmer. Die Strategie für die Zukunft baut auf unser aktuelles Erfolgsrezept auf: Eine Mischung aus Merchandise-Produkten und die Entwicklung und Etablierung eigener erfolgreicher Charaktere und Marken. Mit diesem Vorgehen fahren wir seit Jahren sehr gut und werden künftig weiter wachsen.
Riesendino