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Spiele – Frisch auf den Tisch, Folge 9

23. November 2020, 17:49

In regelmäßigen Abständen werden wir auf toys-kids.de Brettspiel-Rezensionen von Spieleexperte Peter Neugebauer präsentieren. Immer frisch. Immer aktuell.

Kooperative Spiele sind angesagt. Es gibt keinen Einzelsieger, die Spieler gewinnen oder verlieren gemeinsam. Vielleicht spiegelt das auch das zur Corona-Zeit herrschende Lebensgefühl, nur gemeinsam Aufgaben bewältigen zu können?

IN „SWITCH & SIGNAL“ WERDEN WEICHEN GESTELLT UND SIGNALE GESETZT

Verlag: Kosmos
Autor: David Thompson
Illustrationen: Claus Stephan
Zielgruppe: Eisenbahnfreunde, die Zugfahrten optimieren wollen
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: kooperatives Rangier-Spiel
Neuheit: Herbst 2020

Früher waren elektrische Eisenbahnen das Spielzeug, das nicht nur den Kindern sondern auch dem Papa viel Freude bereitet hat. Heute können Eltern mit ihren Kids in einem logistischen Brettspiel Loks über die Strecke düsen lassen, um Waren aus Metropolen abzuholen und zum Zielhafen zu liefern. Das alles in knapp bemessener Zeit und viel spannender als das Spielen mit einer elektrischen Eisenbahn.

Fahranweisungen eröffnen jede Aktion. Da werden neue Eisenbahnen auf die Strecke gebracht und bestimmte Züge müssen per Würfelwurf losdüsen. Das geht aber nur über freie Strecken. Der Spieler an der Reihe versucht mit seinen Karten, Weichen zu richten und Signale auf Grün zu schalten und dann auch noch die Lokomotiven in Bewegung zu bringen. Zwischenziel sind Großstädte in Europa, dort werden Waren beladen. Diese müssen zum Verschiffungshafen nach Marseille. Da immer mehr Lokomotiven auf die Strecke kommen, wird das Arrangement immer komplexer. Ob nach 18 Fahranweisungskarten auch alle Waren im Ziel sind, entscheidet über den Sieg.

In den ersten Runden gelingt das eher selten. Allzu häufig müssen Züge vor roten Signalen anhalten, rasseln in Weichen oder fahren gar auf andere Loks auf. Das kostet alles wertvolle Zeit. Dann wurden zu viele logistische Fehler gemacht. Danach beginnen die Spieler sich abzusprechen und die gemeinsame Planung zu optimieren und dann stellt sich das befriedigende Spielgefühl ein, die Aufgabe gemeistert zu haben. Das Spiel ist gut austariert. Wer das System beherrscht, kann die Aufgabe verschärfen. Es gibt ein paar Stellschrauben. Für Abwechslung sorgt die Planrückseite. Hier muss auf einem anderen Schienennetz eine etwas modifizierte Aufgabe gelöst werden. (pen)

BEI „SILENCIO“ IST SCHWEIGEN PFLICHT

Verlag: Zoch
Autor: César Gómez Bernadino
Illustrationen: Sébastien Caiveau
Zielgruppe: Freunde pfiffiger Kartenspiele
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 10 Jahren
Art: kooperatives Kartenlegen
Neuheit: Herbst 2020

Die Geschichte ist etwas krude. Als Gruppe stummer Wanderer erkundet man ferne Welten und will dabei immer ans Ziel kommen. Allzu häufig versandet man aber auf der Zielgeraden. Insgesamt vier Landstriche wie dir rote Höhlenwelt oder das grüne Waldreich werden durchstreift. Dabei gelangt man als Gruppe nur dann zum Ziel, wenn keine der zugelosten Landmarke ausgelassen wurde. Mit ein paar Tricks hilft man sich und den anderen.

Es gibt vier Farbkolonnen als Spielkarten. Diese müssen in aufsteigender Zahlenfolge abgelegt werden. Die Handkarten aller müssen in diese Auslage passen. Da sollte man keine großen Wertsprünge machen, denn ein Mitspieler wird u.U. einen Kartenwert haben, der dazwischen abgelegt werden muss. Ideal ist es natürlich, Folgekarten genau passend auszuspielen, also beispielsweise nach einer „2“ die „3“ zu legen. Wer so passgenau ausspielt, muss je nach Farbe eine Einschränkung akzeptieren, die den nächsten Zug des nächsten Spielers behindert. Anders beim Spielen auf Lücke, jetzt erheischt die Gruppe einen Bonus, so dass man vielleicht schon gelegte Karten wieder zurücknehmen darf. Nur wenn alle Spieler alle Karten haben legen können, gewinnt man diesen Streifzug. Ach so, erschwerend kommt hinzu, dass nicht gesprochen werden darf. Es wäre ja auch zu einfach, wenn die Werte der Kartenhand den anderen mitgeteilt werden dürften.

Weil nicht kommuniziert wird, ist es unabdingbar, dass die Bonus- und Malusregeln allen sehr vertraut sind und dass man erkennt oder zumindest erahnt, was für die Gesamtgruppe im Abgleich mit den eigenen Kartenmöglichkeiten gefordert ist. Das braucht eine Lernkurve. Wenn man in den ersten Partien kopfschüttelnd an der Aufgabe verzweifelt, stellt sich ein großes Aha-Erlebnis ein, wenn die Nuss einmal geknackt wurde. Und wegen des Schweige-Gebots ist die Gefahr getilgt, dass ein Alpha-Tier am Spieltisch alle anderen fremdbestimmt, was zu tun ist. Das ist sehr angenehm. (pen)

 

„MICRO MACRO“ IST DETEKTIVTRAINING FÜR DEN CLEVEREN KOMMISSAR

Verlag: Spielwiese
Vertrieb: Pegasus
Autor: Johannes Sich
Illustrationen: Hard Boiled Games
Zielgruppe: Aufmerksame Beobachter und Kombinierer
Anzahl/Alter: 1-4 Spieler ab 8 Jahren
Art: kooperatives Detektiv- und Suchspiel
Neuheit: Herbst 2020
Sonderheit: Platz 1 der FAIRPLAY-Scoutaktion zur SPIEL.digital

In der Stadt sind etliche Verbrechen geschehen. Was ist passiert? Ein oder auch mehrere Detektive machen sich in der Gruppe auf und müssen das Geschehen genau beobachten, vor allem Details herausfiltern und so die Verbrechen Fall für Fall aufklären. Kommunikation untereinander führt schneller zum Erfolg.

Auf einer riesigen 75 cm x 110 cm großen Faltkarte in schwarz-weiß ist das wuselige Treiben einer Großstadt eingefangen. Allerorten fahren Autos, laufen Fußgänger, spielen Kinder und liegen Leichen am Wegesrand. Fragekarten weisen die Richtung, wo gesucht werden muss. Alle Indizien und Tatverläufe müssen erkundet werden. Dabei ist es nur eine erste Aufgabe, im riesigen Wimmelbild Opfer und Täter zu entdecken. Dann gilt es herauszutüfteln, was zuvor oder auch danach geschah. Man verfolgt mit den Augen den Handlungsstrang. Das Wimmelbild ist keine statische Momentaufnahme vielmehr eine dynamische Abfolge von Bildern, wie mit Überwachungskameras eingefangen.

Alles fängt einfach an. Den Neptunpark oder die Burgerbude hat man recht schnell entdeckt. Dann müssen die für den Fall relevanten Männchen gefunden und deren Handlungen im zeitlichen Kontext herausgefiltert werden. Auch das ist zunächst eher einfach, verlangt aber zunehmend detektivischen Spürsinn, wenn Protagonisten in der U-Bahn verschwinden und man zunächst gar nicht weiß, mit welcher Linie gefahren wird und wo diese ihre nächsten Stationen hat. Schließlich entdeckt man die Täter, wie sie vertraut auf ihrem Sofa sitzen und die Beute teilen. Insgesamt 16 Fälle in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen gilt es zu lösen. Das sind für ein Spiel zwar genügend, für das Bedürfnis der Spielergruppe aber zu wenig Aufgaben. Der Ruf nach Nachschub sollte schnell laut werden. (pen)

IN „KILLER CRUISE“ FÄHRT DER TOD MIT

Verlag: moses.
Autor: Marco Teubner
Ideengeber Sebastian Fitzek und Jörn Stollmann
Illustration: Jörn Stollmann
Zielgruppe: Kombinierer und Dechiffrierer
Anzahl/Alter: 2-4 Spieler ab 12 Jahren
Art: kooperatives Rätsel-Laufspiel
Neuheit: Herbst 2020
Sonderheit: 3D-Schiff als Spielplan mit mehreren Ebenen

Aus einer angenehmen Kreuzfahrt wird ein bedrohlicher Albtraum. An Bord ist ein Killer. Kaum ist das bekannt, versuchen alle gemeinsam die restlichen Passagiere in Sicherheit zu bringen und den Vermissten im Mitteldeck zu finden. Nicht genug damit, ein Psychopath hat sich ebenfalls eingeschleust. Ihn muss man im Showdown auch noch ausfindig machen. Dabei muss man in den Schiffsrumpf steigen und alle Decks durchkämmen.

Mit seinen Handkarten bewegt jeder die Figuren und zwar möglichst optimal. Man will den Killer nicht begegnen, man will Passagiere retten oder man möchte die Schlüssel auf den Karten nutzen, um so Räume aufzuschließen und ins Mitteldeck zu gelangen. Dort gilt es, den Vermissten zu finden und zu retten. Absprachen, wer was machen möchte, helfen. Im Mittedeck gibt es nun Hinweise zum Aufenthaltsort des Psychopathen. Diese müssen kombiniert und so die Schiffskabine mit dem Psychopathen erschlossen werden, um ihn dort zu entlarven. Gezieltes Vorgehen, um schnell ins Unterdeck zu gelangen hilft nicht, da der Killer sein Unwesen treibt und man alle Entscheidungen erst einmal darauf ausgerichtet sind, sich und die anderen in Sicherheit zu bringen. Wütet er allzu sehr, hat die Gruppe verloren. Findet die Gruppe den Psychopathen nicht, hat die Gruppe verloren. Ist der Stapel mit den Passagierkarten aufgebraucht, hat die Gruppe verloren. Es gilt eine Menge zu managen, bis das Spiel gewonnen werden kann.

Die Gruppe muss sich stets der momentanen Situation stellen und akute Bedrohungen vermeiden oder besiegen. So kommt man nur allmählich zum Ziel. Das baut zweifelsohne Spannung auf. Es gibt verschiedene Schwierigkeitsstufen, die den Anspruch erhöhen, denn man will solche Spiele ja eher knapp gewinnen und nicht allzu leicht zum Sieg gelangen. Auf der Zielgeraden kann es passieren, dass Hinweiskärtchen keine neue Erkenntnis bringen, weil die Information schon detektivisch erschlossen wurde, so dass das etwas unbefriedigend bleibt. Dann kann man u.U. nur noch den Aufenthaltsort des Psychopathen erraten und wenn die Vermutung stimmt, ist das Hallo natürlich groß. Erwähnt werden muss das wuchtige Spielmaterial, das aus dem Schachtelboden mit magnetisch anzuclippenden Teilen einen Schiffsrumpf bildet, der in Spielen seines Gleichen sucht. (pen)